Thema:
Das Böse ist nicht mehr in mir... (Spoiler markiert!) flat
Autor: tHE rEAL bRONCO 2ND
Datum:10.11.14 15:58
Antwort auf:The Evil Within - Survival Horror von Mikami von Super Sonic

... oder doch?

Ich lass das mal unkommentiert um nicht gleich zu Beginn zu spoilern. Es ist ja auch kein Spoiler, ich wollte nur eine fancy Headline posten - um in der Sprache unserer Zeit zu bleiben :-D

Was war das für ein Ritt! Emotional war The Evil Within eines der gelungensten Survival-Horror-Erfahrungen in meiner Karriere. Die insgesamt Kapitel waren abwechslungsreich, teilweise sogar so dermaßen unterschiedlich, dass ich die Vorwürfe - Mikami habe einfach alle Elemente von Horrorspielen in einen Topf geworfen - durchaus nachvollziehen kann. Für jeden sollte sich die Frage stellen, ob dieser Mix auf Wohlwollen stößt (oder eben nicht). Mir hat es vorzüglich gefallen und Mikamis Anspruch, er wolle ein Terror-Game ohne Kompromisse kreieren, hat sich bewahrheitet.

Ich bin als Spieler recht hartgesotten, konnte aber selten mehr als ein Kapitel auf einmal spielen. The Evil Within strengt an, manchmal ist es wirklich gruslig, manchmal entspannend und an manchen Stellen verlangt es vom Spieler durchgehende Konzentration um der konstanten Gefahr zu trotzen. Das war ein wilder Ritt mit einem über weite Strecken gelungenen Pacing. Weiter unten im Thread hatte ich von Frust-Problemen um Kapitel 5/6 rum gesprochen. Davon weiche ich nicht ab, da hat es für mich nicht gepasst und ich war kurz vorm Abbruch. Zum Glück habe ich weitergespielt, denn The Evil Within steigert sich kontinuierlich!

Die Locations sind größtenteils traumhaft schaurig, allen voran . Lediglich die fielen optisch wie stimmungstechnisch ab. Das Gegner-Design sticht besonders heraus, die normalen Zombie-artigen Kreaturen versprühen so richtig schönes Old-School-Flair und haben einen unverwechselbaren Charme. Herausragend sind die härteren Brocken und Bosse:



Für mich ist The Evil Within - trotz teils stark abweichender Gameplay-Komponenten - mein legitimer Nachfolger zu Resident Evil 5 und mein persönliches Resident Evil 6. Nicht nur die zahlreichen Reminiszenzen sondern auch grundlegende Prinzipien erinnern an das Vorbild: Grünes Gel ermöglicht Modifikationen an Protagonist Sebastian und seinem Equipment. Das System ist simpel aber motivierend und effektiv (wie in RE4). Gespeichert wird anhand eines fest definierten Punktes (ähnlich wie die Schreibmaschinen in RE) und an Checkpunkten. Die Waffen und Boni nach dem Durchspielen sind ebenfalls mit Spielen der RE-Reihe zu vergleichen (). Zudem scheint mir der Wiederspielwert hoch zu sein ().

Die Story ist auch sehr gut gelungen. Zwar etwas vorhersehbar, doch ist der bekannte narrative Mix stilistisch herausragend umgesetzt: Die eigentliche Handlung um Sebastian und die Vorgänge im Beacon Mental Hospital werden schön Retro-mäßig durch auffindbare Polizeimarken, Dokumente und Audiotapes erzählt. Ich fand das spitze! Zu allem Überfluss liefert The Evil Within nach all dem Leiden und Zittern ein befriedigendes Finale furioso:



Zur Technik selbst wurde schon fast alles gesagt: Die Optik ist gut und leistet sich keine groben Aussetzer. Man merkt, dass The Evil Within während des Wechsels einer Konsolengeneration entwickelt wurde. Das ist ein Stück weit schade, aber zu verkraften. Die Steuerung funktioniert und nur an manchen (seltenen!) Stellen im Spiel hatte ich ein paar Bugs oder unsaubere Vorgänge/Animationen. Die viel diskutierten Balken vermag ich nicht objektiv zu bewerten. Mikami und sein Team setzen auf eigenwillige Stilmittel und inszenatorische Kniffe, die The Evil Within eine persönliche Note verleihen. Das Ergebnis habe ich in der Form noch in keinem anderen Spiel gesehen. Die ominösen Balken haben mich anfangs irritiert, doch nach ein paar Minuten waren sie für mich kein Hindernis mehr. Sie sollten das Erlebnis aber für niemanden unspielbar machen, das kann ich ohne zu zögern behaupten.

The Evil Within landet auf jeden Fall unter meinen GOTY-Kandidaten. Abseits der oben erwähnten Aspekte gibt es einfach zu viele Details, die ich schätze. Mikami schaffte schon in Resident Evil (1), mich für spezielle Dinge zu begeistern und eine Gänsehaut zu erzeugen. Einfach faszinierende Momente, die man nicht vergisst. Wer kann sich noch an die Klavierszene mit der wunderbar melancholischen Mondscheinsonate von Beethoven erinnern? Genauso schafft er es auch hier, Claude Debussys Clair de Lune, der dritte Satz seiner berühmten Klaviersuite, stilvoll zu integrieren. Auch in diesem Punkt gelingt Mikami ein Verweis auf sein wohl prägendstes Werk (Clair de Lune ist französisch für Mondlicht/Mondschein). Ich liebe sowas einfach!

An einer 10/10 scheitert The Evil Within fast ausschließlich an der von mir angeführten Frust-Phase gegen Ende des ersten Drittels. Trotzdem zücke ich eine mehr als verdiente

9/10


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