Thema:
Get Even flat
Autor: Sockenpapst
Datum:23.07.17 19:51
Antwort auf:Durchgezockt No. 35 von wantan

Bin insgesamt leider ziemlich enttäuscht - das Ding sitzt spielerisch unentschlossen zwischen Walking Simulator, Stealth und Ego-Shooter, und erzählt seine an und für sich interessante Story mit zu viel Leerlauf und Wiederholungen.

Ernsthaft, wenn ich mich entscheide, nicht allein auf die Zugkraft der Geschichte und einige seichte Rätsel zu setzen, sondern auch klassisches Gameplay in Form von Geballer und Schleicheinlagen anbiete, dann sollten diese beiden Elemente auch halbwegs vernünftig umgesetzt werden. Stattdessen ist das alles so rudimentär und stumpf gemacht, dass man es kaum glauben will: Trefferfeedback, KI, Dynamik - das könnte alles ohne jegliche Übertreibung aus Spielen zur Zeit der Jahrtausendwende stammen. Und die Corner Gun ist das wohl nutzloseste Stück Hardware der Militärgeschichte.

Dazu ist es einfach erschreckend, wie wenig man aus den an und für sich interessanten Setpieces macht: Ich glaube, ich habe noch nie eine vergleichbar langweilig designte verlassene Nervenklinik (nein, mehr Klischee geht wirklich nicht...) gesehen. Das liegt zum Teil auch an der ausgesprochen schwachen Technik - graubraune Gänge und Parkgaragen werden durch Matschtexturen und absolut null Details nun mal nicht schöner.

Das ist alles sehr schade, denn die eigentliche Story rund um so unterschiedliche Themen wie Entführung, Wirtschaftskriminalität, familiäre Entfremdung und Gedankenkontrolle ist interessant und würde einem gut drei bis vier stündigen Wanderspielchen gut zu Gesicht stehen. Leider, leider mussten die Macher das Ding auf die doppelte Spielzeit strecken (Alte Zocker kriegen somit ordentlich was für's Geld!1), was auch mit extremen Backtracking erkauft wird - manche Orte besucht man 3 Mal, das ist alles echt nicht mehr feierlich.
Auch finde ich die Handlung mit ihren ständigen Wiederholungen nicht allzu elegant erzählt, gerade die unfassbare Masse lieblos hingeklatschter Dokumente (gern mal 8 in einem Raum nebeneinander) hemmt den ohnehin holprigen Spielfluss zusätzlich.

Lobenswert ist aber auf jeden Fall die tolle Sounduntermalung, speziell die Surroundabmischung gehört zum absolut besten am Markt. Hochgradig beeindruckend, insbesondere weil es sich hier nicht um ein Projekt der CoD-Größenordnung handelt.

Dennoch bleibt mir das Game vor allem als verpasste Chance in Erinnerung.


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