Thema:
Outlast 2 flat
Autor: Sockenpapst
Datum:05.11.17 00:04
Antwort auf:Durchgezockt No. 35 von wantan

Atmosphärisches, audiovisuell beeindruckendes Horrorspiel, dass sich durch teilweise grenzdebil unfaires Gamedesign und schwaches Pacing selbst sabotiert.

Den Vorgänger mochte ich damals sehr, auch wenn das bewusst reduzierte Gameplay spätestens beim Add-on schon leichte Ermüdungserscheinungen aufwies - die immer gleichen Versteckspiele mit den Häschern wurden mangels den sonst im Stealth-Genre üblichen spielerischen Möglichkeiten (Ablenkungsmanöver, Gegner betäuben etc.) halt irgendwann lahm. Insoweit war ich gespannt, ob der zweite Teil nunmehr die Handlungsoptionen erweitert und damit sein Konzept verwässert.

Aber weit gefehlt: Outlast 2 bleibt spielerisch minimalistisch, das neue Mikrofon-Feature ist nicht der Rede wert. Stattdessen wird der Fokus weg von Spannung und hin zu Terror durch ein insgesamt massiv höheres Tempo gelegt. Und das ist leider ein Problem.
Denn das Game reiht gerade in der Anfangsphase eine schlecht designte Verfolgungsjagd an die nächste. Man rennt planlos durch stockdunkle, offene Level und sucht nach dem einen einzigen richtigen Weg. Jeder einzelne „Fehler“ (weil man bspw. mal wieder in eine Sackgasse gerannt ist) bedeutet zumindest auf hard den sofortigen Exitus, d.h., man lernt eigentlich nur Laufwege auswendig. Ich hasse diese Art stumpfes Trial & Error; viel entscheidender ist gleichwohl, dass dieses Design auch jegliche Spannung nimmt: Da man die meisten dieser Szenen kaum im ersten Versuch schaffen kann und individuelle Skills bei der Bewältigung der Fluchten keine nennenswerte Rolle spielen, arbeitet man einfach stumpf Optionen ab und lernt auswendig. Für die in diesem Genre immens wichtige Immersion ist das tödlich.

Das ist umso ärgerlicher, als dass die ansonsten aufgebaute Atmosphäre fantastisch ist. Die stimmungsvolle und technisch auffallend saubere Grafik sowie der abwechslungsreiche und - wenn erforderlich - brachiale Sound machen ihre Sache ganz ausgezeichnet, und auch die klassischen Schleicheinlagen sind grundsätzlich sehr ordentlich. Leider haben die Entwickler auch hier das Tempo spürbar erhöht, so dass verstecken und abwarten i.d.R. keine vernünftige Optionen mehr sind, und man recht offensiv voranschreiten muss. Kann ich mit leben, allerdings fällt so leider stark auf, dass die KI bescheisst und wundersamer Weise immer recht genau weiß, wo der Spieler sich gerade befindet, selbst wenn man den perfekten Sam Fisher gibt. Macht aber nichts, denn...

...dummerweise kommt in der ersten Spielhälfte sowieso kein vernünftiger Spielfluss auf, da Outlast hier ohne Sinn für Timing und Ruhephasen hektische Szene an hektische Szene klatscht und den zunehmend genervten Spieler so gleichzeitig ermüdet wie frustriert. In der zweiten Spielhälfte gibt es dann plötzlich langsamere Szenen mit viel Spannung und wenig Gegnern, und plötzlich wirken auch die endlich gezielt eingesetzten Schockeffekte. Ganz seltsames Pacing.

Insgesamt werde ich den Gedanken nicht los, dass die Entwickler völlig betriebsblind einfach zeigen wollten, was sie können, und wie weit sie die Terrorschraube anziehen können und das Spiel unter dieser Angeberei erheblich gelitten hat.


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