Thema:
Paar Eindrücke von einem MH-Noob flat
Autor: token
Datum:26.01.18 18:02
Antwort auf:Monster Hunter World kommt Anfang 2018 von Dio

Monster Hunter ist ein Spiel welches das Prinzip "Jäger und Sammler" zum absoluten Brennpunkt seiner inhaltlichen Ausrichtung macht. Es gibt zwar eine Kampagne, aber schon früh wird klar, das worum es hier geht, ist es die eigene Ausrüstung und die eigenen Fertigkeiten auszubauen.

MH ist insofern also schon ein Looter, aber es bringt einen maßgeblichen Unterschied mit den es zu geläufigen Lootgames aufweist. Diese setzen in der Regel auf RNG, du hast eventuell etwas vor Augen und du spielst die Aktivitäten in denen sowas kommen kann, und du hoffst auf den Drop oder eben den Roll, und wenn der kommt freust du dich. In MH greifst du deine Ziele im wahrsten Sinne des Wortes an. Das Monster ist der Lootcontainer, und die Schmiede ist dein Kompass. Du findest deine Ausrüstung nicht, du stellst sie her und nach dem du sie hergestellt hast levelst du sie mit bestimmten Rohstoffen. Und wenn du was brauchst, dann weißt du was es ist und was du dir dafür holen musst und wo du es herbekommst.
Dabei ist quasi der glückliche Zufallsmoment oben genannter Lootgames anders gelagert. Denn oftmals siehst du Ausbaustufen, was du brauchst ist aber nur transparent wenn du es schon mindestens einmal geholt hast, ansonsten steht eventuell an deiner Waffe an einem Ast drauf dass du diesen Schwanz und jenen Panzer für die nächste Stufe brauchst, das letzte Element ist aber noch nicht bekannt. Eine solche Ausbaustufe kann man sich dann auf seinen Wunschzettel setzen, und sobald du im Feld dieses Element gefunden hast, kommt die Einblendung.

Der Grind für den angestrebten Build ist also ein zielgerichteter, und das funktioniert für sich gut, es triggert den Suchtreflex genauso, erhöht aber so die Dichte im Vorgehen, man hat weniger das Gefühl einfach nur Zeit zu investieren und sich dem Schicksal auszusetzen während man im Kreis rennt, man investiert Können.
Mehr Macht durch Ausbau von Ausrüstung und Fähigkeiten dreht also nicht am Scaling der immer gleichen Gegner sondern ermöglicht es Monster anzugreifen vor denen man im Feld vorher echt stiften gegangen ist, und die zu legen eröffnet wiederum den Bau neuer Rüstungen und Ausbau bestehender Waffen.

Das ist ein für sich wirklich tolles System das einfach wertiger und gehaltvoller und sinniger wirkt als die Glücksspielautomaten, und das wohlgemerkt ohne hierbei auf den typischen Suchtsog von Grindern verzichten zu müssen.

Bei sowas steht und fällt alles mit dem Gameplay. Und das ist den ersten Eindrücken nach ziemlich geil. Mir fällt auf, wenn ich online mit anderen Huntern unterwegs war, dann spielten die bislang alle unterschiedliche Waffen. Und ich hab mir heute mal zu der Waffe die ich nutze ein In-Depth-Tutorial auf Youtube angeschaut, und weil der Kanal darin echt gut gemacht war, einfach noch ein Video zur Waffenübersicht angesehen. Und im letzteren wird einfach gesagt, jede Waffe ist gut, sie sind unterschiedlich, aber da ist im Grunde nichts das einfach nur Abfall wäre, ein Jäger der so einen Waffentyp meistert ist gut unterwegs im Feld.

Und unterschiedlich sind sie in der Tat, es gibt ein Übungsareal in dem man alles testen kann, und man sollte sich imo, speziell als Anfänger, auf einen Waffentyp einlassen und dann erstmal bei diesem bleiben. Denn dadurch dass vieles recht unterschiedlich ist, kann man nicht wild hin und her wechseln, man erntet die Früchte der Stärken des Waffentyps erst nach ein wenig Einarbeitung in dessen Spielweise. Und das passiert natürlich nicht losgelöst vom Gegner denn diese gilt es zu lesen und dann entsprechend den Eigenheiten der eigenen Waffe effizient zu attackieren. Dass hierbei angeblich alle Waffentypen und entsprechend die hohe Varianz an Spielstilen allesamt ihre Daseinsberechtigung haben sollen ist irre, und irgendwo auch typisch japanisch was brillante Kampfsysteme angeht.

Zumindest für meine Morph-Axt bewahrheitet sich zunehmend diese Aussage, nach anfänglich wilden Schwenkern und roher Gewalt gekoppelt mit dem fieldplay eines kopflosen Huhns, weiß ich sie vor allem gegen schon bekannte Monster zunehmend wie ein Skalpell einzusetzen und lächle zufrieden in mich hinein wenn im Chat Ohs und Ahs ertönen wenn ich damit Elementexplosionen triggere von denen ich geraume Zeit nicht mal wusste dass meine Waffe sowas überhaupt am Start hat.

Es ist jedenfalls eine helle Freude gegen die Monster zu kämpfen, und es sind nicht einfach nur Bosskämpfe sondern ausladende Gefechte in denen man zwischendrin heilt, seine Waffe mit dem Wetzstein wieder schärft, gekoppelt mit Stellungswechseln wenn ein angeschlangenes Monster flieht und das Areal wechselt. Und gerne passieren immer wieder unvorhergesehene Dinge, andere Monster mischen sich ein, und man zieht sich erstmal zurück was auch mal zum Vorteil gereichen kann, wenn das andere Monster die eigene Arbeit übernimmt, durch Zufall erkennt man eine neue Schwäche, ein Monster verfängt sich plötzlich in einem Umgebungselement dass es stunned und so weiter und so fort.
In MH ist sowohl die Ausrüstung sehr wichtig, man bemerkt gerade im Gefecht mit bekannten Monstern schen recht deutlich wenn man den eigenen Char gestärkt hat, aber vor allem sind es die Lerneffekte der eigenen Erfahrungen die einen verbessern. Souls-Freunde horchen auf.
Und wo der Kampf im Alleingang schon bockt, wird es mit mehreren einfach nur großartig, dieses gemeinsame attackieren eines viel mächtigeren Feindes triggert ein ziemlich spezielles und tolles Spielgefühl im PvE und bringt natürlich eine ganze Wagenladung von Möglichkeiten mit, wenn man gewillt ist sein Vorgehen in der Gruppe auch noch zu koordinieren.

Aber um mal auf den obigen Satz zurückzukommen, wo ich mit meiner Waffe Dinge mache von denen ich nicht mal wusste dass es sie gibt. MH ist kein Spiel das einen großartig an der Hand nimmt. Man muss sich davor jetzt nicht in die Hose machen, aber es ist kein Streamline-Spiel sondern eines das entdeckt werden möchte, man muss schon eine gewisse Muße für sowas mitbringen und auch ein wenig Geduld, und nicht erschrecken wenn man initial mit allen möglichen Komponenten konfrontiert wird die ein wenig erschlagen. Das sortiert sich schon und erstmal sortiert ist es dann weniger als man dachte, aber Menschen mit kurzer Lunte könnten erstmal vor den Kopf gestoßen sein. Bringt man diese Geduld mit, ist der payoff allerdings gewaltig.

Was auch ein wenig typisch japanisch ist, und das nicht im positiven Sinne, ist das Onlinegaming. Es gibt merkwürdige Entscheidungen. Etwa, dass man nicht gemeinsam eine Storymission triggern kann, weil es in einer solchen Zwischensequenzen gibt. Erst wenn derjenige für den die Story neu ist die Sequenz gesehen hat und den Storyteil durch hat und beim Monster ist, können Mitstreiter dazustoßen. Die Idee dahinter ist wohl, dass man diese Art von Leerläufen nicht als MP-Vehikel begreift, und wenn man beim Monster ist, kann man auch ein Leuchtsignal zünden und sich so Onlinehelfer holen. Aus der Sicht von festen Gruppen die im Partychat abhängen ist sowas nichtsdestotrotz einfach nur blöde, aber gut, betrifft ja nur die Kampagne.
Auch sonst braucht es ein wenig bis man in der organisatorischen Menülogik drin ist, die ist nicht komplex, aber relativ eigen.

Ich persönlich bin noch nicht ganz in der Lootspirale angekommen, da die Frequenz von neuartigen Dingen noch sehr hoch ist, ständig lege ich ein neues Monster und kann so wieder neuen Krempel bauen, so dass es noch gar nicht zum zielgerichteten Grind kommt. Aber ich bin schon ziemlich zuversichtlich dass ich komplett in diesem Titel versacke wenn sich dieses Feld ein wenig gelichtet hat, einfach weil das ganze drumherum passt, der Aufsatzpunkt der Lootprogression ist einfach super und ich fürchte das wird einen negativen Impact auf die Faszination von RNG-Games haben, die Gameplaymechaniken sind spitze, und ich habe hier noch nicht mal die wirklich dicken und schweren Brocken gesehen, und mit 4 Leuten so ein übergroßes Biest zu bearbeiten ist einfach nur herrlich.
Ich bin jetzt zwar noch nicht komplett angekommen in dieser Welt, aber wenn das so weitergeht brauche ich in den nächsten Monaten wohl kein anderes Spiel mehr.


< antworten >