Thema:
Zocke es gerade flat
Autor: token
Datum:16.01.24 11:30
Antwort auf:The Last Faith - A Dark Gothic Metroidvania von Fred LaBosch

Mein bisheriger Eindruck nach knapp vier Stunden, The Last Faith ist in erster Linie was für Leute die "Bloodborne nt" Posts schreiben und Metroidvanias nicht abgeneigt sind, und weniger was für Leute die im MV-Genre nach den allerbesten Vertretern suchen.

Es trägt also eine Menge seiner Faszination über das Setting und die Atmo die es aufbaut. Es erinnert mich nicht nur diesbezüglich am ehesten an Blasphemous.

Wie gut ist also der Bloodborne-Fanservice.
Ich würde sagen, bislang ziemlich ordentlich.
Der Soundtrack biedert sich an die FROM-Orchestrie an, erreicht nicht ansatzweise dieses Niveau, stützt aber die Atmo ohne zu nerven.
Das Gothic-Design der Sets find ich ziemlich gelungen und ansprechend, das Gegnerdesign sitzt auch. Die Gegner kann man wie bei Blasphemous auch mal so stunnen dass sich die Option zu einer kritischen Tötung öffnet, den Animationen mangelt es hierbei auch nicht an morbider Tötungsfantasie, allerdings fehlt diesen Fatality-Animationen ein wenig Tempo und Wumms, so dass man dabei im Gegensatz zu Blasphemous nicht animiert wird Urlaute auszustoßen.

Ziemlich geil find ich die NPC-Bitmaps bei Dialogen, dieser Amiga-Look verbunden mit schönen Zeichnungen, i like!
Die NPC-Sprecher machen auch einen ordentlichen Job, die Texte wiederum sind eher okay, aber wie bei FROM wird diese Komponente recht reduziert gehalten, so dass es nicht stört dass da ein Stück weit atmosphärische Finesse fehlt.

In Summe kann ich sagen dass der Aspekt Bloodborne-Fanservice, auch wenn einzelnen Aspekten davon ein Stück weit diese letzte Meile zur Brillanz fehlt, die Rechnung für mich persönlich ziemlich gut aufgeht und der Gesamteindruck sehr süffig ist. Alles auf einem Niveau dass es im Gesamtbild auch ordentlich zündet.

Mechaniken?
Metamechaniken natürlich komplett FROM, also Waffen die über levelbare Charakterattribute Bonusschaden skalieren, und unterschiedliche Ausrichtungen. Mit ner fetten Axt auf dem Kraftattribut ordentlich Schaden austeilen und stunnen, aber niedriges Tempo in der Ausführung. Oder auf Geschick setzen und eine Close-Range-Tempowaffe setzen mit moderatem Schaden und den Gegner hierbei trolldodgen, oder schnelle Longrange-Geschick-Waffe, wo der Gewinn an Reichweite mit geringerem Schaden einhergeht und Playstyle eher auf Distanz halten setzt. Kennt man alles. Und all diese Basics wirken griffig umgesetzt.

Was man auch gemacht hat, ist die Heilungsmechanik von Bloodborne zu übernehmen die ja im Vergleich zu Souls insofern kritisiert wird, als dass sie auf sammelbare Heilitems setzt, statt einen levelbaren Store an Heilflaschen bei Ableben komplett aufzufüllen. Hier setzt Last Faith auch einen ausbaubaren Cap für Heilflaschen die man bei sich trägt, so dass man sich nicht in einer Session Brute-Force-Heilen kann. Auch ich find den Souls-Ansatz eleganter und aufgeräumter, aber bislang schmeißt das Game derart mit Heilflaschendrops um sich, dass mich das nicht stört.

Vorteil dieser Mechanik im Vergleich zu Souls ist dass man unterwegs beim Explore nach Soulslogik irgendwann einen leeren Tank hat und dann zurück zum Feuer muss, hier kann man unterwegs durch Funde von Heilflaschen auch den Rucksack wieder auffüllen und so insgesamt mehr Strecke machen. So gesehen ist Heilung als Consumables die man sammelt einerseits verzeihlicher, birgt aber die Gefahr dass man vor einem Boss so vor einer Wand mit so vielen Fails steht dass man all seine Ressourcen aus der Kiste aufbrauchen könnte und dann vor dem nächsten Bosstry farmen müsste.

Ein letzter Aspekt ist dass Last Faith keine Staminaleiste nutzt, du kannst schlagen und dodgen bis der Arzt kommt. Gerade bei 2D begrüße ich dieses Sekiroprinzip, ist einfach aufgeräumter und man hat besseren Fokus auf das was im Kampf passiert statt noch eine grüne Leiste im Auge behalten zu müssen.

Das sind also Metamechaniken, aber wie gut sitzen die Gameplaymechaniken?
Was im early game auffällt ist dass grundsätzlich alles griffig ist, dodgen, jumpen, schlagen, alle Basics sitzen und fühlen sich richtig an. Allerdings fällt im Vergleich zu anderen Genrevertretern eine gewisse Eindimensionalität auf. Geduckt schlagen? Gibbet nicht. Aus dem Sprung nach unten Schlagen, vielleicht gar noch wie bei Hollow Knight mit einer Prallmechanik die man auch im Traverse nutzen kann? Nope. Irgendeine Form von Kombos die anders ticken als auf der Schlagtaste rumzuhämmern? Nicht wirklich.

Was es gibt ist ein Charge auf dem Schlag, ein Dodge nach hinten mit direktem Schlag im Anschluss führt einen etwas anderen und schnelleren Abwehrhieb aus, und jede Waffe hat noch einen Spezialangriff der Magie verbraucht die man mit so wie ich das bislang rauslese mit diesen kritischen Hinrichtungen wieder aufladen kann.

Das ist einerseits schon seeeeehr basic. Ich hätte hier doch etwas mehr Tiefe und Möglichkeiten begrüßt, sehe aber auch gewisse Vorteile in so einem schlanken Aktionsset, weil Seniorenkompatibel. Stichwort Seniorenkompatibel sind wir auch beim bisherigen Tempo. Alles eher träge mit langen Ankündigungen der Gegner wenn sie was aushecken, gut lesbar, klassisch wie bei Souls kann man schnell sterben, mit einem gesunden Maß an Respekt vor den Gegnern und natürlich speziell Kombinationen mehrerer Gegner ist das sehr gut beherrschbar.

Für's Protokoll sei noch erwähnt dass auch eine Parrymechanik existiert. Diese wird von mir bislang geflissentlich ignoriert und ich vermisse nix. Ob es auch Gegnertypen gibt die explizit über Parry geöffnet werden müssen weiß ich natürlich noch nicht, ich hoffe nicht :)

Explore und Traverse gefällt mir auch. Zwar hatte ich schon häufiger Momente wo ich nicht genau wusste wo ich hin soll, konnte aber auf der Map sehr gut erkennen wo was sein könnte. Auf der Map kann man auch selbst Pins setzen um sich gewisse Dinge zu markieren. In so einem Maß gehört für mich sowas zum Genre auch dazu. Ich hatte auch schon eine Situation mit einer Kreuzung wo in eine Richtung ein neuer Bereich erkundet werden konnte, aber schon beim ersten Gegner "uiuiui ich bin noch nicht reif" dachte und umkehrte. Als Soulsfreund begrüße ich sowas auch.

Problematisch fand ich nur dass bei Türen die man per Y explizit öffnen muss, einfach nix eingeblendet wird und ich dachte Sackgasse obwohl es doch weiterging da. Aber das hat man dann nach einem Mal kapiert, dumm ist es allemal, diese Lebenszeit da zu verstehen wo das Problem ist hätte ich gerne wieder ;)
Aber so ein "Einmal-Problem" also geschenkt.

Auch nicht gut fand ich dass ich nach einem Schlüsselmoment eine Einblendung von einem Standort bekam. Es war schon klar, das Spiel will mir sagen, da passiert was, geh dahin. Aber, auf der Map ist nicht erkennbar wo dieser Standort ist da kein Wegpunkt gesetzt wird. Man muss es also aus dem Gedächtnis heraus finden. Es ist da halt auf der Map rein gar nichts erkennbar, weil Triggerevent und nicht wo man sieht dass da ein Weg wäre den man noch nicht gegangen ist. Ich mag sowas generell nicht und finde es auch insofern dämlich als dass wenn man genau in so einem Moment eine Spielpause einlegt und sich paar Tage später nicht mal an die Einblendung erinnert...herzlichen Glückwunsch. Ich hoffe sowas kommt nicht allzu oft vor.

Insgesamt find ich das Spiel ziemlich cool, was natürlich auch daran liegt dass ich auf die Hebel die es zieht sehr gut anspringe. Dadurch dass es zwar überschaubare Tiefe anbietet, aber bei seinen Basics auch nix versemmelt und mit diesem gothischen Szenario glänzt, ist das für mich auch so ein more than the sum of its parts Ding.


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