Thema:
A Plague Tale: Requiem flat
Autor: token
Datum:29.04.24 09:44
Antwort auf:Durchgezockt Nr. 40 - Vorhang zu und alle Fragen offen von Schlomo

Grundsätzlich hat mir das Spiel recht gut gefallen.

Um mit den Highlights zu starten. Audiovisuell ist Requiem wieder mal betörend und zuweilen derart spektakulär inszeniert dass es sich phasenweise selbst vor einem Uncharted nicht verstecken muss.
Obendrauf kommt diese erfrischende Mittelalter-Darstellung die abseits des Fantasy-Szenarios mit den Ratten, sehr grounded ist, und für mich eine ähnlich soghafte Authentizität wie bspw. Kingdom Come entwickeln kann.

Obwohl es kein AAA-Game ist, hat Requiem meine Kinnlade jedenfalls recht häufig zu Wischarbeiten geschickt, gerade der 40fps-Modus findet einen technischen sweet spot der mit allem Zipp und Zapp über weite Strecken regelrecht berauschend ist.

Kommen wir zum spielerischen, wird es hingegen deutlich überschaubarer. Es hat streckenweise einen ordentlichen Flow, schafft es aber nicht sich von den Problemen des Vorgängers zu emanzipieren. Der Schleich-Unterbau ist bestenfalls zweckdienlich und die Sets produzieren häufiger Problemstellungen die im Zusammenspiel mit den Mechaniken spielerisch äußerst unbefriedigend ausfallen, so dass sich Lösungen für Probleme häufiger so anfühlen, als würde man nicht das tun, was die Idee des Sets ist, sondern Mechaniken exploiten um irgendwie durch das Set zu kommen.

Zuweilen hab ich auch etwas festgesteckt weil mir nicht klar war was das Spiel jetzt von mir möchte, und fand als es dann klar wurde die Spielerführung, das Highlighting und die Aufgabenstellung im Zusammenspiel geradezu derart ungenügend ausgearbeitet dass ich mich gefragt hab, wie warum das Scheiße ist, im Playtest nicht auffällt und korrigiert wird. Wenn ich ein Brett vor dem Kopf hab, okay, aber wenn ich die Geduld verliere, auf einem Let's Play spinkse, dort sehe dass das gleiche Brett vorm Kopf ist, und zum nächsten Let's Play skippe, und auch dort sehe dass der Spieler hängt und anfängt wilde Dinge auszuprobieren, dann stimmt was nicht.

Rein erzählerisch sehe ich viel Licht, aber auch viel Schatten. Das Game hat eine erfrischende Protagonistin, ein starkes Motiv, eine spannende Reisegruppe, einen recht griffigen roten Faden und viele gute starke Charaktere, sowohl bei Protagonisten, wie auch Antagonisten, und lässt beide Seiten auch gerne mal in Grauzonen streunern die sich nicht plakativ als gut oder böse herauszeichnen. Alle Akteure sind auch fehlbar, ich mag das.

Was ich weniger mochte und dann eben doch plakativ fand, war die Dramaturgie der Marke Lars von Trier. Eine einzige shitshow die light hearted moments in homöopathischen Dosen verteilt, und darüber hinaus durchgehend runterzieht. Es erinnert mich diesbezüglich ein wenig an TLoU2 wo ich das Moll als fast durchgehend präsente Tonart auch eher bedauerlich fand, zumal das bei mir irgendwann auch zu Immersionsbrüchen führt und ich eine Handlung irgendwann auch unfreiwillig komisch finde wenn was schreckliches passiert, da mir sowas dann zu konstruiert wirkt wenn es derart an Gegengewichten fehlt.

Unterm Strich bleibt vor allem ein audiovisuelles Spektakel das mich persönlich ganz schön zum Staunen gebracht und in seinen besten Momenten krass gut packen konnte. Dass es spielerisch keinen großen Schritt nach vorne gemacht hat, ist dennoch schade, immerhin hat es mich nicht derart wie der Vorgänger genervt so dass es diesmal auch bis zum Abspann gereicht. Das was erzählerisch angeboten wird ist sicher Geschmackssache, aber mir fehlt da ein wenig die gesunde Mischung.

Naja, wenn man sich für ultrafette Inszenierungen begeistern kann und das Setting grundsätzlich triggert, dann haut Requiem jedenfalls sowas von raus, das muss man imo gesehen haben.


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