| Re:Auch Spoiler unmarkiert |  |
Ich glaube mein persönliches Problem ist der Bruch des suspension of disbelief, den ich so bei der ersten Staffel nicht hatte.
Sowohl den emotionalen Motiven als auch den für sich stehenden Meta-Themen konnte ich ja folgen. Aber ich hab angefangen mir Fragen zu stellen die ich mir bei der ersten Staffel nicht gestellt habe, und die zweite Staffel hat mich da hochgradig verwirrt bzgl. dieser Fragen und ich dachte, irgendwas muss ich doch verpassen/verchecken weil ich diese Aspekte nicht raffe. Denkbar ist aber ebenfalls dass es auf sowas halt keinerlei Antworten gibt, mein Problem also schon ist dass ich mir die Frage stelle und die Serie einfach drauf pfeift.
Season 1 hab ich so gesehen wie ich etwa The Substance gesehen habe. Streng genommen ergibt das keinen Sinn, aber in dieser in sich geschlossenen Welt eben schon, es geht viel um Symbolik, um Metaphern, dass etwas von dir da anknüpft und das Szenario ein fantastisches Zweckvehikel ist. Das funktioniert für mich wenn alles irgendwie shady bleibt.
Wenn Menschen diese Persönlichkeitsspaltung erfahren haben, dann hab ich mich nicht gefragt wie das funktioniert, es war halt so, ein Chip und der macht something something. Passt. Ich sah eine Metapher auf die Gesellschaft. Denn auch im echten Leben sind wir in meinem Augen ein Stück weit so wie es die Serie zeigt. Wir haben mehrere Personas die sich ein Stück weit voneinander abgrenzen. Wenn ich was schlimmes erlebe und nachts im Bett weine, dann nehme ich diese Persona nicht mit auf die Maloche, da ist ein anderer token. Er kriegt es nicht komplett abgegrenzt, aber dennoch ist es eine andere Persona die genau sowas eben doch ein Stück weit abgrenzt. Man kann sich auf der Arbeit entsprechend auch ein Stück weit vor seinem Leben verstecken.
Die Zahlenschieberei, auch das erinnerte mich an die echte Welt. Was machen wir da eigentlich? Wen interessiert das? Was ist das Produkt von sowas? Was ist die Querleistung an einem Produkt? Die vermeintliche Sinnlosigkeit der Tätigkeit war auch ein Symbol für mich. Die bekloppten Erfolgsrituale. Auch damit konnte ich connecten. Wie so ein System aufgesetzt wird, womit es einen motivieren möchte, wie es Dinge in den Raum stellt und sagt, das soll dir wichtig sein, was es für mich aber nicht ist, und mich mit Dingen belohnen möchte wenn ich das erreiche die mich nicht interessieren, aber für die Leute im System offenbar eine große Nummer sind. Jubiläum. Prokura. Wow. Handshakes. Beschissene Gutscheine, irgendeine Tasse, alle so yeah, und du lächelst und denkst dir nur wtf.
So sah ich Staffel 1, diese Fantasiewelt war auch ausreichend diffus um sie so anzunehmen, und der Mystery-Plot dass da mehr hinter steckt war spannend, aber ebenfalls diffus.
Season 2 hat nun ebenfalls eine coole Metaebene. Was bist du? Was ist deine Persönlichkeit? Kannst du dir selbst trauen? Ist Persönlichkeit ein Produkt das in den gemachten Erfahrungen geschmiedet wird? Ist ein Handicap was dich unattraktiv/unproduktiv macht und dir zu schaffen macht, aber dennoch Ausdruck dessen ist, was du bist, etwas wo Refactoring erstrebenswert wäre? Oder wäre es eine Art persönlicher Suizid, wo du lediglich die Potenziale in dir nicht tötest sondern deiner Umwelt gibst und diese dich in diesem Format geiler findet und mehr mit dir anfangen kann? Das wird ja auch gelungen transportiert, der Vater der von seiner Tochter enttäuscht ist, aber die Innieversion von ihr bewundert. Die Ehefrau die in der Ehe kaputt geht, aber die Innieversion ihres Mannes bewundert.
Und dann diese Konversationen zwischen Innies mit ihren Outies, alles ganz toll und für mich auch interessant und verständlich.
Aber JETZT habe ich halt Fragen. Es wird alles zu konkret und ich kann nicht anders. Womit verdient Lumen Geld, wenn alles was ich sehe immer noch in einer Forschungs-Start-Up-Phase ist und alles was da passiert eben noch auf den Durchbruch wartet, die "Sekte" die darunter liegt jedoch offenbar Asbach Uralt ist.
Wenn das Zahlengeschiebe Innies baut und nicht dieses Symbol ist für Beschäftigungstherapien sondern DAS zentrale Motiv worum alles drumherum gebaut ist, dann will ich auch verstehen was es damit auf sich hat. Dann kann ich einem Marc nicht folgen, wenn die Erklärung ist, du baust Persönlichkeiten deiner Ehefrau, und er da nur kurz die Stirn runzelt, und sich damit abwiegeln lässt dass er beim Geschiebe Gefühle hat.
Come on, wenn da motivierte Spannungsinhalte sind, dann kann ich da auch nicht anders drauf schauen als genau so, und dann ergibt es keinen Sinn mehr für mich. Ist Marcs Innie auch so gebaut worden, alle Innies? Was ist das Problem, die sind doch stable, und wenn stable nicht das Motiv ist, sondern eine Abgrenzung von der Scheiße die man mit sich rumträgt, wo ist der Erfolg von Cold Harbour, wenn die Innie-Version die dort reingeht gar nicht weiß wer sie ist, sondern genauso ausschaut wie alle anderen Innies, nämlich ein blank sheet mit Persönlichkeit aber ohne Bewusstsein für das eigene Leben. Welches Problem wird da gelöst, warum wird mir das Problem nicht gezeigt?
Warum ist Marc wichtig? Was soll die Scheiße mit Genna? Warum macht man das? Warum fährt man weiter die albernen Rituale wenn man doch weiß dass die Innies korrumpiert sind weil sie Echt-Welt-Kontakt haben. Eine Waffelparty hab ich da noch verstanden weil die Innies da noch ein anderes Format haben, aber was denkt man sich denn bitte bei der Parade am Ende? Was sollte das? War das geil gefilmt, war geil weird, und zeigte mal wieder die außerordentlichen Discoskills von Malchik und war damit auch wieder herrlich creepy? Ja klar! Aber...WTF! Nichts an dieser Szene machte für mich irgendwie Sinn.
Wie auch immer, ich glaub das ist mein Problem mit Staffel 2, dass diese Krimi-Thriller-Komponenten da doch sehr konkret ausgestaltet werden, man aber für diese Motive irgendeinen Bums bekommt der mir dann nicht mehr als Erklärung nicht mehr reicht, und ich so einfach durchgehend das Gefühl hab, ich raff irgendwie nicht mehr was da los ist und warum.
Soundtrack, Kamera, Schauspieler usw. aber weiterhin geilo, auch viele coole Szenen, speziell Marc vs. Marc war total gut. Aber für mich einfach Stückwerk wo ich Staffel 1 noch komplett rund fand.