Thema:
Rosenthal (ZDF) flat
Autor: Matze
Datum:11.05.25 13:28
Antwort auf:Neues in der Mediathek von René Meyer

[https://www.zdf.de/filme/rosenthal-movie-100]

Die meisten in diesem Alte-Säcke-Forum werden sich sicher aus ihrer Kindheit noch an den überaus beliebten Showmaster Hans Rosenthal erinnern. Der Film handelt von seinem Kampf anlässlich des 09.11.1978, dem 40. Jahrestag der Reichspogromnacht, an dem es erstmals eine offizielle Gedenkfeier mit Rede von Kanzler Helmut Schmidt geben soll (was damals eine Sensation war), zu der Rosenthal als hochrangiges Mitglied der jüdischen Gemeinde Berlin natürlich eingeladen war.

Gleichzeitig hat aber das ZDF für diesen Tag die 75. Jubiläumssendung seiner Show "Dalli Dalli" angesetzt und der komplett ignorante Unterhaltungschef des ZDF weigert sich beharrlich, die Sendung um eine Woche zu verschieben und stellt ihm für die Sendung anders als sonst noch einen jungen Mitarbeiter als "Aufpasser" zur Seite.

Mein erster Gedanke (ich kannte die Geschichte bereits), als ich von dem Film hörte, war "Jetzt macht das ZDF aus einem der größten Fails seiner Geschichte auch noch einen Film". Aus heutiger Sicht wäre so etwas unvorstellbar, man sieht an dem Film (der in enger Zusammenarbeit mit Rosenthals Familie und einem Historiker entstanden  ist) dann aber, dass es einfach eine komplett andere Zeit war, in der Verdrängen immer noch die vorherrschende Reaktion auf die Verbrechen der Nazizeit war. So fallen mehrfach Sätze wie "nach 40 Jahren interessiert das doch niemanden mehr" und auch Rosenthal weigert sich beharrlich, seine Identität als Jude öffentlich zu thematisieren und sagt immer nur, dass er allen Leuten Spaß bringen will - jedenfalls bis zu dem Vorfall 1978. Der Film zeigt sehr gut, wie die Mehrheit der Gesellschaft damals noch getickt hat, während die Stimmen von jüngeren Leuten, die auf Aufarbeitung der Zeit drängten, langsam lauter wurden.

Das Highlight des Films ist aber Florian Lukas als Hans Rosenthal. Er schafft es, nicht nur die Gestik dieses Energiebündels sondern auch seinen Sprachstil perfekt nachzuahmen. Eine tolle Leistung, die alleine den Film schon sehenswert macht. Weniger gelungen fand ich die Rückblenden auf Rosenthals Jugend: Diese dienen aber offensichtlich nur dazu, den Zuschauern, die seine Geschichte nicht kennen, grob zu zeigen, wie er als Jude die Nazizeit überstanden hat und kratzen dabei höchstens an der Oberfläche. Sie werden hier und da mal eingestreut, machen aber insgesamt höchstens 10-15 Minuten des Films aus.

Wer sich für das Thema interessiert, der sollte definitiv mal reinschauen. Ganz Hartgesottene können sich danach auch noch die "Dalli Dalli"-Originalfolge vom 09.11.1978 ansehen, die ebenfalls in die Mediathek gestellt wurde.


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