Thema:
Re:Deutsch-Sein - der Thread flat
Autor: musashi
Datum:12.12.17 20:30
Antwort auf:Deutsch-Sein - der Thread von phaxy

>Das ist also die wertvolle Leitkultur, um die uns alle beneiden. :D
>Bei mir läuft die Bahn übrigens wie geschmiert. Kann ich einen Zwirn aufmachen?
>Und wenn mal nicht, mei, dann liegt es in erster Linie an mir, ob ich mich davon ärgern lasse.
>
>Bisschen mehr Gelassenheit?


Ich stimme dir zu, dass man nicht bei jedem kleinen Pups ein Fass aufmachen muss. Aber dass die Deutsche Bahn erhebliche Probleme im Erbringen ihrer Dienstleistungen und im Service generell hat, ist nicht von der Hand zu weisen.

Beispiele:
Anfang Oktober wollte ich von Köln nach Berlin fahren. Leider kam dieser blöde Sturm dazwischen, wodurch alle Fernverbindungen im Norden ab Hannover gesperrt waren. Dafür kann die Bahn logischerweise nichts, aber sie schafft es auch nicht, ihre Mitarbeiter in irgendeiner Form zu informieren.

Jedenfalls wurde auf der Website angegeben, dass mein gebuchter Zug nur bis Wolfsburg fährt und es gab eine allgemeine Infoseite zu den gesperrten Strecken im Norden. Bei anderen ICEs gab es diesen Hinweis nicht, also rufe ich bei der Bahn an:
"Denken Sie es macht überhaupt Sinn, dass ich mich auf den Weg mache? Spätestens ab Hannover geht doch sicherlich nichts mehr?"
"Nein, überhaupt kein Problem, wir setzen Ersatzzüge ein"
"Aber auf Ihrer Website steht, dass der gesamte Fernverkehr im Norden, z.B. Hannover nach Berlin, gesperrt ist"
"Das betrifft nur ICEs"
"Ok, danke"

Ich bin dann nicht gefahren. Abends in den heute-Nachrichten kam ein Bericht zu den Ausfällen mit einer Reporterin, die in Hannover stand: "Hier geht überhaupt gar nichts, die Leute kommen nicht weg vom Bahnhof."

Hätte ich also dem Bahn-Mitarbeiter vertraut, wäre ich ziemlich gearscht gewesen.


Anfang November war ich dann in Berlin. Bei der Rückfahrt war der ICE aber leider so überfüllt, dass kurz nach dem Einsteigen eine Durchsage kam, die alle Leute ohne Reservierung aufgefordert hat, den Zug zu verlassen. Dabei wurde nicht spezifiziert, ob damit eine Sitzplatzreservierung oder die Zugbindung gemeint ist, was sehr viele Leute verwirrt hat.

Zu Gute halten muss man der Bahn, dass sofort ein Ersatz-ICE eingesetzt wurde, der allerdings viel viel langsamer fuhr als der normale ICE. So kam ich in Köln mit 2 Stunden Verspätung an (er ist in Berlin 10 oder 15 Minuten später losgefahren) und hatte Glück, dass ich die letzte Regionalbahn um kurz nach Mitternacht zu mir nach Hause überhaupt noch bekommen habe.

Daran erkennt man, dass das Buchungssystem der Bahn überhaupt nicht funktioniert. Aus meiner Sicht wäre es viel sinnvoller, wenn bei Fernreisen einfach jedes Ticket mit Zugbindung ausgestattet wäre, dann könnte eine derartige Überbuchung überhaupt nicht passieren. Das kann die Bahn natürlich nicht, weil die Züge nicht zuverlässig fahren und es regelmäßig zu Ausfällen kommt.


Im Allgemeinen komme ich mir bei der Bahn manchmal nicht vor wie ein Kunde, sondern wie ein Bittsteller. Das ist allerdings kein Bahn-exklusives Problem, sondern die deutsche Servicekultur. Wobei man nicht unbedingt sagen kann, dass Service nicht vorhanden ist, viel mehr muss man als Kunde ständig selbst aktiv werden für Dinge, die aus meiner Sicht selbstverständlich durch den jeweiligen Dienstleister erledigt werden sollten, z.B. mich als Kunden transparent und aktiv zu informieren. In meiner Firma ist das leider ganz genau so.

Edit: Es soll nicht verschwiegen werden, dass mir die erste Reise vollständig erstattet wurde. Kulanz ist bei der Bahn imo schon gegeben.


< antworten >