Thema:
Re:Inflationsrate von Wohnungsmieten flat
Autor: Faerun
Datum:12.04.23 18:39
Antwort auf:Inflationsrate von Wohnungsmieten von hellbringer

>[https://i.redd.it/2tp59jq4wgta1.jpg]
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>Quelle: [https://awblog.at/12-fakten-zur-leistbarkeit-des-wohnens/]
>
>So siehts aus, wenn eine Regierung sich für die Reichen einsetzt.


Ich kenne den Blog nicht und kann nichts über die Kredibilität der Autoren sagen, aber ich finde den Artikel sehr tendenziös. Mit so wenig wissenschaftlicher Sorgfalt kannst du im Grunde für jeden Schwachsinn eine Argumentation aufbauen. Ich kenne mich mit dem Österreichischen Markt nicht aus und fühle mich nach dem Lesen dieses Artikels nur sehr einseitig informiert.

Mietpreisanstiege sind ein Symptom einer Wohnungsknappheit. Zu viele Menschen, zu wenige Wohnungen. Die Grafik in Punkt 2 ist enorm auffällig. Was ist seit Juli 2022 passiert? Hat Österreich viele ukrainische Flüchtlinge aufgenommen? Gab es anderweitig Massenmigration? Sind Mietwohnungen massenweise vom Markt verschwunden? Ein Artikel, der mir so eine verrückte Zahl zeigt, sie aber nicht kontextualisiert ist mir sofort suspekt. Du kannst bei konstantem Bedarf und Nachfrage die Mieten nicht einfach aus dem Nichts völlig unproportional zum Marktgeschehen anheben. Das gibt der Markt gar nicht her - dann würden Wohnung leer bleiben. Entweder waren die Mieten vorher zu niedrig, oder es streiten sich seit Juli 2022 deutlich mehr Menschen um Wohnungen. Oder es sind Wohnungen vom Markt verschwunden (z.B. massenweise Konvertierungen zu Airbnb-Apartments oder Eigentumswohnungen).

Punkt 1, 3, 4, 5, 6, 7, und 9 sind wenig kontrovers, aber Punkt 10 scheint mir komisch. Dass auf der Straße zu landen negative Auswirkungen hat, ist unbestritten und diese können zum Tode oder einer sehr verringerten Lebenserwartung führen, aber ist das die einzige oder realistische Alternative? Wie viele dieser stark belasteten Haushalte wohnen in überrannten Städten? Ist es eine Alternative irgendwo unterzukommen, wo der Leerstand höher ist? Meiner kurzen Recherche nach wohnten 2021 knapp 60% aller Österreicher in Städten (vgl mit 78% in Deutschland). Wie verhalten sich die Mietpreise in Städten vs außerhalb von Städten? Gibt es dazu Zahlen? Ich vermute mal, die erhobenen Zahlen sind einfach gebündelt und die Mietinflation in Städten ist höher als die angegeben 6%, die außerhalb von Städten geringer? Falls dem so sein sollte, wäre es nicht eine Möglichkeit die Stadt zu verlassen, anstatt unter der Brücke zu landen oder sich zu verschulden? Aber gut, da kann ich Österreich nicht gut genug für und leider habt ihr keinen Leerstandsatlas wie Deutschland.

Intuitiv (und mit dem begrenzten Österreich-Wissen, das ich habe) scheint mir ein Wohnungszuschuss für Bedürftige eine gute, korrekte Maßnahme, aber die Aufteilung nach Bundesland anstatt nach individuellem Bedarf scheint mir sehr komisch? Fehlt da Kontext?

Eine Mietpreisbremse würde zum einen nicht nur jeden bevorteilen, die es brauchen, sondern alle (also auch jene, die es nicht brauchen) und zum anderen die Konstruktion neuer Gebäude disincentivieren, was die Probleme langfristig verschlimmern würde. Gibt es in Österreich auch nur einen Ökonomen, der sowas empfiehlt? Mietpreisbremsen gelten in der Ökonomie seit Jahrzehnten als gut gemeinte, aber gescheiterte Maßnahme, die kurzfristig existierenden Mietern hilft, alle die aber gerade eine Wohnung suchen fickt, und langfristig alle fickt, weil durch die künstlich gekappten Profiterwartungen weniger gebaut wird.


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