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| Autor: | Phil Gates | ||
| Datum: | 13.07.23 00:49 | ||
| Antwort auf: | Re:Sp+: „den Russen hat Freiheit immer Angst gemacht“ von Pezking | ||
>>>>>>>deckt sich mit dem Podcastinterview, das ich mit einem Exilrussen führte. Der glaubt auch nicht an den grossen Aufstand. >>>>>> >>>>>>Meine Mutter, die zu Sowjetzeiten öfter da war und sich angesichts der aktuellen Entwicklung sicherlich gerade im Grab umdrehen würde, hat nie geglaubt, dass Demokratie in Russland irgendeine Chance hat. Ihre Einschätzung war, dass die meisten Russen (also zumindest die etwas älteren) einfach einen Zaren haben möchten, der ihnen sagt, wo es lang geht. >>>>> >>>>>Demokratischen Ländern haben ja auch einen Staatschef der sagt wo es lang geht. >>>>> >>>>>Der USA "Zar" ist halt Joe Biden. Wenns den Russen Spaß macht sollen sie ihren Präsidenten oder Kanzler eben Zar nennen. Die Frage ist warum man es als Nachteil sehen sollte diesen Typen selbst zu wählen statt das der sich selbst irgendwie an diese Position hievt? >>>>> >>>>>Wer partout nicht wählen will der lässt es bleiben. Also wenn die alten in Russland eben nicht wählen wollen werden es möglicherweise genug Junge dafür tun. >>>>> >>>>>Wobei es uns sicher auch egal sein kann wenn ein neuer nicht demokratischer russischer Herrscher an die Macht kommt, solange der keinen Krieg führt sollen die dort machen was sie wollen. >>>>> >>>>>Die USA wird wohl kaum Lust haben den Regime Wechsel dort in die Hand zu nehmen. >>>>> >>>>>Im Prinzip muß halt solange auf die Russen eingeprügelt werden bis die genug davon haben und endlich erkennen das Putin der eigentliche Problemfall ist. >>>> >>>>Ich war letzte Woche in Paris auf einer Konferenz und habe ähnliche Gedanken im anwaltlichen Kollegenkreis geäußert. Die Franzosen haben da interessanterweise eine etwas andere Sicht. Meine Position war: Irgendwann müssen und werden wir Russland wieder in die Staatengemeinschaft integrieren. Wer, wenn nicht wir Deutschen könnten ein besseres Zeugnis dafür ablegen, dass man nach einem fürchterlichen Krieg mit seinen Nachbarn echte Freundschaft schließen kann. >>>> >>>>Mehrere Franzosen (und auch einige Schweizer) meinten dazu: „Macht Euch mal nicht nass. Vergiss 1870/71 und 1914/18. Da haben wir alle bereitwillig mitgemacht, das war damals halt so. Ihr habt 1933-1945 richtig Scheiße gebaut. Aber das war weniger als eine halbe Generation, die Hälfte Eurer jungen Männer war tot und die Städte in Trümmern. Da lernt man seine Lektion. Die Russen führen seit Hunderten von Jahren Kriege gegen ihre Nachbarn und sorgen für Angst und Schrecken, unterdrücken jeden Anflug von Liberalität im Keim. Das ist Teil der russischen DNA. Das kriegst Du aus denen nicht raus, auch wenn einer Putin umbringt, das dauert wenn überhaupt Jahrzehnte.“ >>>> >>>>Es ist immer wieder interessant sich mit Menschen auszutauschen, die nicht diesen teutozentrischen Ansatz haben. >>> >>>Das "Problem" ist, dass dieser Krieg nicht mit einem besiegten Russland enden wird. Der Krieg ist vorbei, sobald die Russen die Ukraine wieder verlassen haben. NATO-Deckel druff, und dann dürfen die wieder innerhalb ihrer eigenen Grenzen machen was sie wollen. >>> >>>Deshalb hinkt auch der Vergleich zu Nazi-Deutschland. Da war das Land komplett im Eimer, alles kaputt und kopflos. So konnten die Siegermächte Deutschland neu nach ihrem Gusto formen, und in den westlichen Besatzungsgebieten war die angestrebte Form sogar sehr erfreulich für die Bevölkerung. Aus dem buchstäblichen Nichts wurde aus Deutschland eine der modernsten und stabilsten Demokratien der Welt. >>> >>>Russland hingegen wird nie jemand erobern. Niemand will das und deren Atomwaffen verhindern das sowieso. Also wird das Land weiterhin von Gangstern geführt, die zumindest erkennen, dass es der städtischen Bevölkerung gut genug gehen muss damit diese weiterhin politisch komplett apathisch bleibt und möglichst niemand über die eigenen vier Wände hinaus denkt. >>> >>>Natürlich wird die Weltgemeinschaft mit einer neuen russischen Regierung nach dem Krieg wieder normalisierte Beziehungen anstreben. Sollten die neuen Machthabe die alten Herrscher mit Schmackes unter den Bus werfen und am besten noch nach Den Haag ausliefern, wäre das umso leichter. >>> >>>Aber IMO werden wir es auch nicht mehr erleben, dass man Russland noch ernsthaft Vertrauen schenkt. Dieser Angriffskrieg dürfte eine nachhaltige Lektion sein. Man wird international bestrebt sein, Russland militärisch möglichst klein zu halten. >> >>Ja, das war so in etwa die Linie, die die Franzosen auch vertreten haben. Ich hatte da eher so die Brille auf: Wenn wir Deutschen das nach der ultimativen Entmenschlichung unserer Nation geschafft haben, können die Russen das auch. Aber die sind eher der Meinung, dass der größere Teil der Deutschen 1945 keine Unmenschen waren, sondern einer Bande von Rattenfängern ins Verderben gefolgt sind und jedenfalls bereit waren, es fortan besser zu machen, was sie bei den Russen aufgrund historischer/kultureller Unterschiede (nicht 12 oder bestenfalls 30 Jahre, sondern 300 Jahre Hegemoniebestrebungen) nicht sehen. Finde das wirklich spannend, wie groß auch offensichtlich mittlerweile das Vertrauen und die Freundschaft zu Deutschland bei den Franzosen gediehen ist. Darauf kann man als Deutscher beinahe schon stolz sein, auch wenn es mal in der Tagespolitik Differenzen gibt. > >Oh, ich glaube nicht, dass die heutigen Russen "unmenschlicher" sind als die Deutschen 1945. Sie sind IMO nur zynischer, hoffnungsloser und weniger ambitioniert. Generationen von paranoiden Herrschern wollten genau das erreichen, und sie hatten leider Erfolg. > Ja, das meinen meine Bekannten ja auch. Dieses Strukturelle, über Generationen Gewachsene. Das sehen die eben bei den Deutschen anders. Und wir haben ja auch gezeigt, dass das wirklich so ist. Die 68er haben ihren Eltern ordentlich Contra gegeben. >Aus eigener Kraft - und darauf sind die Russen hier angewiesen - traue ich ihnen einen waschechten Demokratisierungsprozess leider so schnell nicht zu. IMO glauben zu viele Russen, dass sie so oder so gar keiner Regierung trauen können. Demokratie oder Autokratie, Wahrheit oder Lüge, Moral oder fehlender Anstand - am Ende ist eh jeder korrupt und handelt egoistisch. Also ist eh alles egal. > Ja. Ich habe nie so viel Abneigung gegen Staat erlebt wie bei meinem russlanddeutschen Schwiegervater. Ich dachte schon, ich sei staatsskeptisch (bin ich in Wahrheit nicht oder allenfalls bei spezifischen Teilaspekten, aber ich bin halt nicht Law & Order). Aber der Typ ist Anarchist. In dem Fall rechter Anarchist. > > Du darfst die AfD ruhig beim Namen nennen. >Deshalb sind weite Teile der russischen Bevölkerung schon zufrieden genug, wenn es ihnen mit Scheuklappen im familiären Umfeld halbwegs gut geht. Denn es könnte ja eh nur noch schlimmer sein. Das macht mich ehrlich gesagt traurig. gesendet mit m!client für iOS |
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