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| Autor: | The Snake | ||
| Datum: | 09.08.23 21:06 | ||
| Antwort auf: | Re:war toll von hellbringer | ||
>>Auch wenn das natürlich eher eine distanzierte unpersönliche Höflichkeit ist, ist das etwas was ich trotzdem mag. Dazu keine nervenden Leute in der U-Bahn, keine Spacken die lauthals telefonieren oder durch ihre (Handy)Lautsprecher Musik hören, keine aggressive Grundstimmung und das obwohl es deutlich gedrängter und voller ist als bei uns. Zudem musst du dir keinen Kopp machen, wenn du nachts durch die Stadt läufst. Und auch bzgl. Sauberkeit liegen in der Stadt im Vergleich zu uns Welten und das bei deutlich viel mehr Menschen. Ich weiß nicht was bei uns im Laufe der Zeit zu dieser Degeneration im Verhalten und im Zumüllen geführt hat (siehe auch Kinobesucher-Thread)... > >Das fängt schon bei der Erziehung der Kinder an. Wenn ich sehe was für ein Theater die Leute mit ihren Kindern machen und überall einen Haufen Spielsachen mitschleppen, damit sich das Kind auch ja keine Minute langweilt, damit erzieht man Menschen heran, die ständig unterhalten werden wollen und die gewohnt sind, dass sie alles bekommen was sie wollen. > >In Japan werden Kinder von klein auf zu soziale Mitmenschen erzogen. Zum Beispiel in der Schule sind die Kinder selber für die Reinigung des Schulgebäudes zuständig. Sie lernen, wenn sie Dreck machen, dann müssen sie da wegputzen. Somit liegt das im eigenen Interesse so wenig Dreck wie möglich zu machen. Was lernen sie bei uns? Irgendwer mit einem Niedriglohnjob wird das schon machen. > >Diese ganzen Erfahrungen wirken sich natürlich auf das Verhalten im Erwachsenenleben aus. > >Es ist natürlich nicht alles wunderbar in Japan und es gibt auch Schattenseiten. Als Tourist bekommt man oft nur die positiven Seiten mit. Ich kann euch da nur zustimmen, das ist ziemlich genau das, was ich in Japan und in Deutschland wahrgenommen habe bzw. wahrnehme. Was mich interessiert: Welche Schattenseiten hast du in Japan wahrgenommen? Bei mir ist es grundsätzlich erst einmal das Vorhandensein der Todesstrafe. Mir wird es sehr sicher Zeit meines Lebens nicht einleuchten, weshalb ich/man dazu befugt sein sollte, über das Leben bzw. den Tod eines Menschen zu entscheiden, ganz gleich, was dieser getan hat. Damit wäre für mich mein Handeln nicht besser als das des Menschen, der eine solche Tat begangen hat. Als zweites fällt mir das Gespräch mit einem amerikanischen Einwanderer ein, den ich im Kinsuikan-Hotel in Miyajima traf, der meiner Erinnerung nach schon bis zu dem Zeitpunkt meines Besuchs Ende 2016 mindestens 15 bis 20 Jahre in Japan lebte. Er erzählte mir davon, dass es für ihn ein arbeitsreiches Leben ist und die Arbeit einen noch größeren Lebensanteil einnimmt, als er es vormals gewohnt war. Überrascht hat mich dies nicht, da man das ja auch immer wieder hört/liest. Gesundheitliche Folgen durch zu viel Arbeit war zu dem damaligen Zeitpunkt ein ernstes Thema und ich gehe stark davon aus, dass sich daran nur wenig geändert hat. Zu guter Letzt erinnere ich mich bei meinem Tokyo-Aufenthalt an einen Obdachlosen. In der gesamten Zeit meines Besuchs war es viel seltener als bspw. in Hamburg (wo die Bitten in den S-Bahnen nach etwas zu Essen/Trinken und/oder Geld subjektiv in den letzten Jahren massiv zugenommen haben) der Fall, auf obdachlose Menschen zu treffen, aber dem Obdachlosen, den ich in Tokyo sah, ging es dem Anschein nach wirklich sehr schlecht. Damit möchte ich nicht sagen, dass es bspw. den Hamburger Obdachlosen vergleichsweise gut gehen würde (dem ist natürlich nicht so), jedoch gewann ich dadurch in Tokyo den Eindruck, dass die Falltiefe im japanischen Gesellschaftssystem ggfs. noch etwas tiefer ausfallen und der Druck auf die Bevölkerung dadurch evntl. noch größer sein könnte. Insofern interessieren mich deine gesammelten Erfahrungen sehr. |
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