Thema:
Re:War das Eigenheim früher erschwinglicher? flat
Autor: token
Datum:22.08.23 11:52
Antwort auf:Re:War das Eigenheim früher erschwinglicher? von suicuique

>>>Zusammenfassung: Bauen/Hauskauf ist bis auf die Metropolen nicht teurer als in den 1980er Jahren. Allerdings waren die Häuslebauer früher zu Verzicht bereit - heute soll der Lifestyle auch mit Haus gehalten werden.
>>
>>Das ist aber ein Stück weit verkürzt. Wir sehen den gestiegenen Kosten ein Wirtschaftswachstum gegenüber das kompensiert, haben in diesem Prozess aber auch eine asymmetrische Entwicklung im Verteilungsschlüssel gehabt.
>
>Hmm ... ist das so?
>Wie erklärst Du dir dann die Reallohnentwicklung in den letzten 3 Jahrzehnten?
>

Da sehe ich keinen wirklich klaren Kurs:
Die Reallöhne sind in Deutschland zwischen 1991 und 2019 um lediglich 12,3 Prozent gestiegen, obwohl sich die Nominallohnsteigerung auf 60,7 Prozent belief. Zurückzuführen ist dies auf die Entwicklung der Verbraucherpreise (Steigerung um 48,1 Prozent zwischen 1991 und 2019), die die jährlichen Raten der Reallohnentwicklung nivellierten. Zwischen 2000 und 2009 war sogar ein kontinuierliches Sinken der Reallöhne zu beobachten (deutsches Modell der Lohnmoderation), weil die Inflationsrate (Steigerungsrate der Verbraucherpreise) beinahe durchweg über der Nominallohnrate lag. Seit 2010 ist wiederum ein leichtes Wachstum der Reallöhne zu verzeichnen.

Was ich schrob ist natürlich auch vereinfacht.
Es gäbe durchaus weitere Entwicklungen im Arbeitsmarkt die Finanzierungsräume von Bürgern verschränken, selbst dann, wenn die rein theoretische Lohnbetrachtung auf dem Papier einer möglichen Finanzierung nicht im Wege steht.

Ein in meinen Augen weiterer Aspekt ist etwa die Finanzierungssicherheit. Ein großer Teil einfacher Berufe wird nicht mehr über den eigentlichen Arbeitgeber abgewickelt, sondern über Zeitarbeitsfirmen. Hier haben Arbeitnehmer ein permanentes Drohgespenst über dem Kopf, da wirkt ein Finanzierungszeitraum von 20 Jahren auch ganz anders, selbst wenn das Gehalt in der Momentaufnahme ausreichend ist. Weiter gilt, mit dieser Restrukturierung gehen auch erhöhte Mobilitätsanforderungen an diese Arbeitnehmer, auch nicht gerade förderlich wenn es darum geht sich auf Jahrzehnte ein Nest zu setzen.

Wenn so ein Publikum dann die schwarze Null als Konzept fährt, also einfach den persönlichen Standard maximiert, statt in eine Perspektive zu investieren, kann man in meinen Augen eben nicht sagen, das ist ein Mangel an Bereitschaft zu Verzicht, das ist ebenso gut verargumentierbar eine rationale Vernunftentscheidung das für sich beste aus solchen volatilen Gegebenheiten zu machen.

>Aber jetzt auf den Teil der Bevölkerung zu gucken der auf die Tafel angewiesen ist, ist in diesem Kontext verfälschend da dieser Teil weder damals noch heute auch nur imentferntesten in der Lage war sich ein Eigenheim zu leisten.

Die Wahrscheinlichkeit dafür erachte ich als eher gering, denke aber dennoch dass so eine Entwicklung ganz gut illustriert dass im Verteilungsschlüssel gehörig was schief gegangen ist für einen Teil der Bevölkerung. Wir reden da ja oft genug von berufstätigen Menschen, das ist dann schon hart wenn diese in so einer Form querfinanziert werden. Und wenn was im Erdgeschoss schief geht, dann haste auch im ersten Stock keine Party bei solchen Trends.


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