Thema:
Re:Etwas OT: Zur WHO und Aspartam flat
Autor: Atlan
Datum:02.09.23 13:58
Antwort auf:Re:Etwas OT: Zur WHO und Aspartam von hellbringer

Solche Studien sind genau das Problem. Also natürlich nicht die Studie selbst, sondern was anschließend unbedarfte Laien wie wir und insbesondere die Medien draus machen.

Denn:

Es handelt sich um eine in vitro Studie, also ein Experiment mit Zellkulturen im Reagenzglas. Die ist so ziemlich die niedrigste Evidenz, die man bekommen kann. Noch unterhalb von Rattenstudien, die ihrerseits schon nur extrem begrenzt auf den Menschen übertragbar sind (weil wir eben keine Ratten sind und auch nicht die vielfache Menge des Stoffes in Reinform futtern), und daher auch nie als ausreichend akzeptiert werden, sondern maximal eine frühe Vorstufe sind, wenn die Gefährlichkeit oder Harmlosigkeit für den tatsächlichen Menschen herausgefunden werden soll.

Was Aspartam beispielsweise in direktem Zellkontakt im Reagenzglas macht, hat reichlich wenig damit zu tun, was passiert, wenn es in Form eines Lebensmittels von einem echten Menschen verzehrt wird. Denn da kommt es zu Interaktionen mit tausend anderen Stoffen, es muss durch den gesamten Verdauungstrakt, den Blutkreislauf - und dann zuletzt auch noch die Blut-Hirn-Schranke irgendwie überwinden, was quasi unmöglich ist (in diesem speziellen Fall hinsichtlich Alzheimer besonders wichtig).
NICHTS davon kann man mit so einem in vitro Experiment herausfinden.

So einer in vitro oder Ratten-Studie gegenüber, die anschließend durch die Medien getrieben wird, weil Angst dank Ahnungslosigkeit sich am besten verkauft, stehen unzählige Randomized Controlled Trials an tausenden echten Menschen, der höchsten Evidenz, unzählige Kohortenstudien, Metas und epidemiologische Beobachtungen an hunderttausendenden Menschen - und nicht zuletzt jahrzehntelanger Verzeher durch hunderte Millionen Menschen. Und alles zeigt mit erdrückender Eindeutigkeit: Harmlos, keiner der potentiell negativen Effekte tritt in der Realität ein!

Was braucht man noch?!

Wer da nicht von der relativen Unbedenklichkeit überzeugt ist, wird auch nie zu überzeugen sein.

Wir sehen hier dieselben psychologischen Mechanismen und Fehlschlüsse wie beispielsweise auch bei Homöopathie oder der Angst vor grüner Gentechnik oder vor Impfungen. Impfgegner beispielsweise werden dich auch auf eine (einwandfreie!) invitro-Studie verweisen können, bei der sich im Reagenzglas gezeigt hat, dass die Masern-Impfung in Zellkulturen etwas bewirken, was Autismus verursachen könnte. Und egal was du ihnen entgegnest, auch der Verweis auf die REALITÄT mit Studien der Impfungen an zigtausend echten Menschen über Jahrzehnte und unfassbar viel Evidenz: NICHTS wird ihre Skepsis schmälern. Alles von der Pharmalobby bezahlt, etc. bla bla. Wir kennen es.

Und jetzt schau dich hier im Thread um. Immer dasselbe Muster bei dieser Art kognitiver Fehlschlüsse und Unvermögen, Statistiken, relative Risiken und Studien korrekt einzuschätzen.

PS: Umgekehrt hat man sowas auch ständig mit irgendwelchen vermeintlichen Super Foods: Irgendein Stoff, der in Spuren in einem Lebensmittel enthalten ist, zeigt im Reagenzglas in x-facher Dosis eine positiven Effekt für XY. Um diese Menge aber mit Essen zu dir zu nehmen, müsstest du täglich zig Kilo von Körner/Samen/Gemüse YZ essen. Das hindert die Medien aber dennoch nicht daran, anschließend zu titeln: "Ein Teelöffel Leinsamen lassen dich abends schneller einschlafen!!!1". Und dank Placeboeffekt spüren viele Menschen beim Selbstversuch dann tatsächlich was.

Ich kann dir nur wärmstens den ultralangen Wissenschafts-Podcast ans Herz legen, den ich weiter hinten verlinkt habe. Da wird - nicht nur am Beispiel Aspartam - all dies im Detail aufgedröselt. Sechs Stunden, die nachhaltig bilden und auch die Medienkompetenz in wissenschaftsjournalistischer Hinsicht erhöhen werden, bei wirklich jedem.


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