Thema:
Re:Danke! flat
Autor: harukathor
Datum:23.12.23 00:51
Antwort auf:Danke! von Headhunter

>Das ist in der Tat ernuechternd :(
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>Meine Meinung habe ich unten schon geschrieben und jetzt wo man sieht, dass die westliche Hilfe wirklich zusammenbricht, Russland aber weiter viel Material einsetzen kann... Das sieht nicht gut fuer Ukraine aus. Man kann froh sein, wenn sie die aktuellen Frontlinien halten koennen.
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>Im Video wurde aber auch schoen deutlich gemacht, was es der Ukraine fehlt. Kampfunterstuetzung, gerade im Luftraum. Und jetzt mal ganz ehrlich, ob die F-16, die ja kommen, da einen entscheidenen Vorteil liefern? Der gute Mann hat es ja erwaehntlich. Westliche Waffen alleine nutzen nicht viel, wenn man nicht gut ausgebildet fuer diese Waffensysteme ist.
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Auch wenn das durchaus ein Problem ist, ist die verfügbare Menge die wesentlich größere Limitierung. Die Ukraine kann sich schlicht keine extrem gewagten Manöver erlauben, da sie bei Panzern und IFVs nur wenig Nachschub in Aussicht hat und viel zu wenig Minenräumgerät erhielt. Die komplette NATO-Doktrin baut auf dem Erzielen von Luftüberlegenheit auf, was selbst mit potentiell 61 F-16 heutzutage eher schwierig wird. Die NATO würde für einen Einsatz gegen russische Flugabwehr und Flugzeuge garantiert primär F-35 vorschicken, um zuerst diese Bedrohungen auszuschalten. Wenn die F-16 die feindlichen Flugzeuge zu etwas mehr Abstand zwingen könnte, wäre der Ukraine schon sehr geholfen – mehr würde ich davon nicht erwarten. Sie kann ja nicht immer eine Patriot-Batterie verlegen und damit wie heute drei Sukhoi Su-34 (ukrainische Angabe, gesichert belegt ist zumindest ein Abschuss) vom Himmel holen.

Der Krieg wird vermutlich auch nicht mehr auf dem Schlachtfeld entschieden, sondern dadurch, wer die längere Puste besitzt: der Westen oder Russland. Da gibt es durchaus Entwicklungen in Russland, die ein wenig Hoffnung machen – aber noch ist es ein bisschen zu wenig, um wirklich optimistisch zu sein.

Es existieren derzeit nur zwei Szenarien, wie das in der Ukraine "endet" und da ist keins mit einfachen Gebietsabtretungen dabei, da Russland weiterhin eine komplette Demilitarisierung und Denazifizierung (also einen Regimewechsel) anstrebt und ein Ende der Ukraine als eigenständiges Land wünscht. Damit gibt es schlicht keine Basis für Verhandlungen.

Im ersten Szenario übernimmt Russland nach weiteren langen Jahren des Kämpfens die komplette Macht in der Ukraine, ohne dass die eigene Bevölkerung vorher meutert oder die Wirtschaft zusammenbricht. Ungarn verleibt sich dann vermutlich gegen den Willen der dortigen Bevölkerung aus "humanitären Gründen" Transkarpatien ein und eventuell macht Polen dann vom einstigen "Angebot" Gebrauch, die Westukraine zu erhalten, um wenigstens ein bisschen stärker seine eigentlichen Außengrenzen zu schützen. Die Ukraine existiert nicht mehr, viele Landesteile versinken im absoluten Chaos, die Kriminalität boomt, gigantische Flüchtlingsströme überrennen Europa, jedes Land auf der Welt besorgt sich Nuklearwaffen etc.

Damit endet der Konflikt an sich zudem sehr wahrscheinlich nicht: Russland nutzt die Ressourcen der Ukraine, um das nächste Land zu überfallen (Usbekistan wurde gerade erst in der Duma als potentielles Ziel genannt), da die Folgen eines permanenten Friedens schlicht innenpolitisch und wirtschaftlich viel zu ungemütlich sind und deshalb lieber in die Zukunft verschoben werden – immer mit dem offiziellen Ziel, die alte Größe der Sowjetunion wiederherzustellen und der Hoffnung, dass die bevorstehenden Probleme in der Zwischenzeit irgendwie magisch verschwinden.

Im zweiten Szenario wacht der Westen auf und versorgt die Ukraine mit allem, was sie zum Überleben benötigt, was langfristig zu einem Scheitern Russlands führt, ohne dass ein einziger NATO-Soldat da hin muss. Ein Krieg ist schließlich immer eine enorme Belastung für die Wirtschaft, da viel Geld in Sachen fließt, die in Friedenszeiten nicht benötigt werden und somit eigentlich nur Kosten verursachen.

Währenddessen geht die Infrastruktur noch weiter den Bach runter (die Beinaheunfälle in der zivilen Luftfahrt häufen sich in Russland gerade), die Zinsen steigen immer weiter (derzeit auf 16 Prozent), um die sonst galoppierende Inflation zu bekämpfen, viele "normale" Firmen leiden, weil das Personal entweder in der Rüstungsfabrik, im Ausland oder beim Militär steckt. Selbst die offiziellen Angaben aus Russland sehen für die Ökonomie nicht wirklich so rosig aus, wenn man mal wirklich dahinter schaut und sich nicht von den Jubelmeldungen blenden lässt.


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