Thema:
ISS Vanguard - das erste Solo Spiel, das klickt. flat
Autor: Bozbar!
Datum:09.07.24 15:01
Antwort auf:Brettspiele & Co Teil 4 - Vier gewinnt von Cherokee

Ich bin ja über die Jahre zum leidenschaftlichen Brettspieler geworden, habe diverse Spielegruppen und bin dennoch auch immer auf der Suche nach Spielen, die man alleine spielen kann, oder die alleine vielleicht sogar am besten funktionieren. 7th Continent war so ein Kandidat, das Arkham Horror Kartenspiel ebenfalls, aber irgendwie hatte ich da immer das Gefühl, dass es zu zwei oder dritt doch mehr Spaß macht.

Letzte Woche bin ich dann aber hier im Laden um die Ecke auf ISS Vanguard gestoßen. Die Awaken Realms Sachen gefallen mir was Design und Qualität der Komponenten angeht eh immer gut und die Beschreibung durch den Verkäufer hat dann zum Spontankauf geführt.
Jetzt habe ich die ersten drei Szenarien gespielt und bin ziemlich begeistert.
Worum geht es?
2028 entdecken Wissenschaftler auf der Erde, dass es in der DNA aller Lebewesen einen gemeinsamen Abschnitt gibt, der auf Koordinaten in unserem Spiralarm der Galaxis verweisen. Passenderweise wird auch noch in der sibirischen Tundra ein uraltes Raumschiff gefunden, und aus dessen Antrieb und 5 Ikea Kallax Regalen wird in der Gigafactory Berlin-Brandenburg die ISS Vanguard gebaut und auf eine deep space exploration Mission geschickt, um große Geheimnisse zu lüften.

Das Spiel setzt bei der Ankunft an den Koordinaten an und schickt einen durch ein gut gemachtes Tutorial auf die erste Planetenerkundung, zusammen mit dem Schiffsmanagement die beiden Hauptaktivitäten des Spiels.

Bei den Planetenerkundungen landet man in der Regel mit einem Außenteam auf einem Planeten und erkundet ihn und versucht Missionen zu erfüllen, die sich im Laufe der Erkundung ändern oder durch Nebenmissionen erweitert werden können. Nebenbei sammelt man optional Informationen, die die Lore ergänzen, macht Entdeckungen wie Mineralien, Alien-Tech usw. oder schlägt sich mit Gefahren herum. In den drei Sessions, die ich bisher gespielt habe, war das schon schön abwechslungsreich und spannend umgesetzt.

Das schöne (von einigen aber auch als negativ empfunden) dabei ist, dass alles, was man so macht, durch eine Würfelprobe abgehandelt wird. Man würfelt seine Würfel, modifiziert sie durch Fähigkeiten oder Ausrüstung, und schaut, ob man Erfolg hatte, oder nicht.
Das hört sich erst mal unspannend und schlimmstenfalls repetitiv an, ist aber IMHO schön gemacht. Das Außenteam besteht aus bis zu vier Personen, die jeweils einer Sektion (Wissenschaft, Technik, Sicherheit, Aufklärung) angehört. Ich spiele solo immer mit zwei Charakteren, also zwei Sektionen. Jede Sektion hat zum einen einen Satz an Karten, die der Charakter während seiner Züge nutzen kann. Man hat maximal 2 von 10 auf der Hand und zieht durch bestimmte Aktionen immer mal wieder welche nach. Damit lassen sich Würfel modifizieren oder zurückbekomme oder andere Effekte. Außerdem hat jede Sektion ihren eigenen Würfelpool, der aus verschiedenfarbigen Würfeln (rot, grün, blau) besteht, auf denen es diverse Symbole gibt. Zum einen spezielle Fähigkeiten wie Biologie, Abwehr, Konstruktion usw., dann ein normales Basissymbol, das sich z.B. durch Karten- oder Charaktereffekte in Fähigkeitessymbole umwandeln lässt. Und zuletzt gibt noch den Zonk, der bei Proben oft negative Effekte wie Wunden oder Fehlschläge triggert und das Vanguard Symbol, das praktisch als Joker für jedes Symbol genutzt werden kann.

Eine Probe läuft jetzt vereinfacht so ab, dass man eine Vorgabe erfüllen muss, z.B. "2 blaue + 1 roter Würfel müssen geworfen werden". Es können dann noch Spezialvorgaben wie "1 Biologiesymbol führt automatisch zum Erfolg und gibt dir noch ein Alien Artefakt" oder Einschränkungen wie "1 Zonk führt automatisch zu einer Wunde und keinem Erfolg" hinzukommen.

Dann wählt man eine beliebige Anzahl an Würfeln aus seinem Pool und würfelt. In dem konkreten Fall schaut man z.B., ob  man irgendwie an ein Biologiesymbol kommt, die Würfel sind aber eher selten. 2 blaue und 1 roter gehen schon eher, aber da ist die Gefahr, dass man den Zonk würfelt. Wenn man gerade noch die Karte auf der Hand hat, mit der man einen blauen Würfel neu werfen kann, kann man da noch Unheil abwenden.  Vielleicht hat man aber auch gerade keine 2 blauen Würfel mehr verfügbar und muss das Ziel aber unbedingt noch schaffen, dann kann man auch alles Würfel reinhauen und auf Joker hoffen.

Das ist jetzt ein einfaches Beispiel denn man kann noch Unterstützung in Form einzelner Würfel von anderen Charakteren bekommen, oder hat Proben mit Fortschrittsleisten, auf denen bei jedem positiven Würfelergebnis ein Marker weitergeschoben wird, bis er das Ende der Leiste erreicht, oder wenn man Pech hat durch den Zonk wieder an den Anfang geschoben wird und da wird vermutlich noch mehr kommen.
Es ist aber bisher schon sehr spaßig und ich knoble da im wahrsten Sinne des Wortes mit den Würfeln herum, wie man die Sache am besten angeht.

Geworfene Würfel gehen dann in den Verbraucht-Pool zurück und können durch eine Rasten Aktion wieder zurückgeholt werden, was dann jedoch einen der begrenzten Vorräte verbraucht, wodurch eine Zeitbeschränkung ins Spiel kommt.

Über allem wird eine Story gespannt, die durch ein Logbuch erzählt wird. Nach erfolgreichen Aktionen oder beim Bewegen in neue Bereiche werden Einträge im Logbuch gelesen, die die Story weitererzählen. Das liest sich bisher recht spannend und könnte auch aus einer guten Star Trek Folge stammen.

Irgendwann hat man dann die Mission erledigt und fliegt mit seinem Landeshuttle, hoffentlich noch mit allen Beteiligten und einem Haufen entdecktem Material, wieder zurück zur Vanguard und dann geht es in die zweite große Spielmechanik, das Schiffsmanagement.

Da werden dann die großen Kampagnenziele verfolgt, die Crew rekrutiert, ausgebildet und Projekten zugewiesen , "Situationen" bewältigt, Forschung und Produktion vorangetrieben und die weitere Reiseroute geplant, um dann wieder mit der Planetenerkundung loszulegen. Das ist so ein wenig wie das Basenmanagement in XCOM wenn ich das noch richtig in Erinnerung habe.
Schön ist auch, dass dafür ein eigener Ringordner mit Einschubhüllen für die Karten dabei ist.

Mein Ersteindruck ist wie gesagt sehr positiv. Das ganze spielt sich wie ein guter interaktiver SciFi Roman und es funktioniert auch als Solo Spieler bzw. finde ich es so sogar besser, da man doch recht viel liest und auch das Rumgetüftle im Schiffsmanagement in Ruhe machen kann.

Wer also etwas in der Richtung sucht und Bock auf Sci-Fi hat bekommt von mir eine dicke Empfehlung!

[https://imgur.com/vDexPFm.jpg]

Für etwas mehr Bildmaterial hier das Review von Tom Vasel:

[https://www.youtube.com/watch?v=vZLmgqHTgR0]


< antworten >