| Re:"Die heimlichen Hitler" - Spiegel Titel über Faschismus |  |
Besonders aufgefallen in dem Artikel ist mir diese Passage:
Das Paradoxe an Putins Faschismus, Snyder nennt ihn »Schizo-Faschismus«, ist, dass er vorgibt, im Namen des Antifaschismus zu handeln. Die Sowjetunion unter Stalin habe nie einen eindeutigen Standpunkt zum Faschismus gehabt, sie machte sich im Hitler-Stalin-Pakt sogar zum Verbündeten Hitlers und ermöglichte so erst den Zweiten Weltkrieg. Nach dem Krieg aber habe die Sowjetunion nicht nur die Angreifer zu Faschisten erklärt, sondern auch alle, von denen sich die Führung bedroht fühlte oder die sie nicht sonderlich mochte. »Faschist« war nur ein anderes Wort für Feind.
Putins Regime lebt vom sowjetischen Erbe: Russlands Feinde sind immer Faschisten. Und genau im antifaschistischen Gestus Putins zeige sich sein Faschismus. Wer mit »Faschismus« und »Nazismus« argumentiert, rechtfertigt damit einen Krieg und Verbrechen gegen die Menschlichkeit. »Nazi heißt: Jemand ist kein Mensch. Jemand, den Russen töten dürfen.«
Die inflationäre Verwendung des Nazi-Vorwurfs, mit dem mittlerweile breite Bevölkerungsschichten bedacht werden, haben wir hier an anderer Stelle schon disutiert. Ich fand es bei der Lektüre des Artikels bemerkenswert, dass offenbar keinem der Autoren die naheliegende Assoziation zum politischen Klima im Deutschland des Jahres 2024 aufgefallen ist.