Thema:
Re:Grundsteuer 2x halbiert flat
Autor: Orrpus
Datum:24.01.25 14:47
Antwort auf:Re:Grundsteuer 2x halbiert von ps2602

>
>>Er wurde gesenkt, damit die Einnahmen aufkommensneutral bleiben. Wäre der Hebesatz bei 810 % geblieben, würde Berlin deutlich mehr Grundsteuern einnehmen als vor der Reform.
>>Dadurch dass es eine ganz andere Berechnungsgrundlage gibt als vor der Reform, kommt es bei nahezu allen Immobilien zu Verschiebungen der Grundsteuern. Ich kenne aus Berlin auch Fälle, bei denen nun eine höhere Grundsteuer als vor der Reform gezahlt werden muss.
>>
>>Ein Vergleich mit der vorher geschuldeten Grundsteuer ist für jeden naheliegend. Man muss sich nur bewusst sein, dass die alte Grundsteuer aufgrund völlig veralteter Werte erhoben wurde und deshalb verfassungswidrig war. Daher ist ein Vergleich mit der vorher geschuldeten Grundsteuer für das eigene Portemonnaie zwar richtig, rechtlich aber ohne Belang.
>>
>
>>Mein Vorschlag: Diejenigen, welche nun weniger zahlen müssen, können sich darüber die jetzige Höhe freuen.
>>Diejenigen, welche nun höhere Grundsteuern zahlen müssen, können sich freuen, dass sie in der Vergangenheit nur eine zu niedrige Grundsteuer zu zahlen brauchten. Wäre nach dem alten Modell wie ursprünglich geplant alle sechs Jahre eine neue Hauptfeststellung erfolgt, hätten jene auch in der Vergangenheit wahrscheinlich höhere Grundsteuern zahlen müssen.
>>
>Die Argumentation habe ich jetzt schon mehrfach gehört auch vom hiesigen Bürgermeister, halte sie aber für fragwürdig...Wir reden hier letztlich immer über eine Steuer, d. h. die Kommunen greifen den Menschen in die Tasche. Der Verweis auf zu niedrige Werte in der Vergangenheit hat für mich etwas von "beschwert euch nicht, wir hätten euch noch mehr schröpfen können". Zumal in die Berechnung der Hebesatz immer eingeflossen ist und klamme Kommunen den bei Bedarf dann erhöht haben, letztlich imo somit ein Stück weit egal, ob die Immobilie zu niedrig bewertet war.


Die Kommunen hatten und haben auch nur die Möglichkeit, an dem Hebesatz zu schrauben. An dem Grundsteuergesetz und dem Bewertungsgesetz können Kommunen nichts ändern, das kann nur der Gesetzgeber. Da die Kommunen bzw. Finanzämter für die Einheitswerte auf die Werte aus dem Jahr 1964 bzw. 1935 zurückgreifen mussten, kam es zu einer massiven Ungleichbehandlung.
Beispiel Hamburg:
Auf ein Haus aus dem Jahr 1896 in Blankenese, Wohnfläche 132 qm, Grundstücksgröße 800 qm, entfiel eine jährliche Grundsteuer in Höhe von rund 200 Euro. Denn die Mieten für Gebäude aus der Zeit vor dem ersten Weltkrieg waren nach dem Mietspiegel 1964 sehr gering.
Für ein Haus aus dem Jahr 2010 in einer deutlich schlechteren Wohnlage, aber mit gleicher Grundstücksgröße und gleich großer Wohnfläche wurde eine Grundsteuer in Höhe von rund 1.200 Euro geschuldet. Die Mieten für Gebäude nach dem zweiten Weltkrieg unterschieden sich nach dem Mietspiegel 1964 grob anhand der Mietwerte für die jeweiligen Ausstattungsstufen und einem pauschalen Zuschlag in Höhe von 20 Prozent für Nachkriegsbauten.
Jetzt nach der Reform zahlen beide Eigentümer aufgrund des wertunabhängigen Flächenmodells die gleiche Grundsteuer in Höhe von 591,33 Euro und die Stadt hat (insgesamt über alle Grundsteuereinnahmen) die gleichen Grundsteuereinnahmen wie vor der Reform.

Die Stadt Hamburg hatte den Hebesatz für die Grundsteuer B rund 20 Jahre lang nicht geändert, hätte sie es aber vor der Reform getan, wäre die Erhöhung zwar prozentual für alle gleich gewesen, in absoluten Zahlen wären deutliche Unterschiede aufgetreten. Bei einer Erhöhung um beispielsweise wahnwitzige 50 % hätte die Villa im Blankenese eine Grundsteuer in Höhe von 300 Euro, das Haus in dem schlechteren Stadtteil eine in Höhe von 1.800 Euro.
Also ja, die Stadt hätte alle mehr schröpfen können, aber dennoch wären einige dabei deutlich besser weggekommen als andere.

Davon abgesehen gab es auch viele Fälle, in denen den Finanzämtern die aktuelle Wohnfläche nicht bekannt war, weil Anbauten und Ausbauten von Dachböden zu Wohnraum trotz Meldepflicht nicht den Finanzämtern gemeldet wurden. Wenn man jetzt eine höhere Wohnfläche zu Grunde legt, ändert sich entsprechend die Bemessungsgrundlage.

Gruß
Orrpus


< antworten >