Thema:
Re:2017 vs 2021 vs 2025 flat
Autor: Xtant
Datum:24.02.25 18:25
Antwort auf:Re:2017 vs 2021 vs 2025 von Pfombo


>Exakt. Wichtiger noch: Wer in diesen blauen Bundesländern nicht blau wählt, hat deutlich größere Hoden als der bequeme Altbundeslandbewohner, der sich aufgrund der Mehrheit der Nichtblauen in seinem Umfeld noch halbwegs behütet fühlen kann.

Würde ich so nicht sagen. Ich war über Weihnachten in Erfurt. Ein Schmuckkästchen, wirkt im Prinzip erstmal sehr weltoffen, noch viele kleine "persönliche" Geschäfte abseits der großen Ketten.  Macht insgesamt auch einen recht "wohlhabenden" und wenig "ostdeutschen" Eindruck. Ausländeranteil mit 10,0 wirklich niedrig. Das, was gemeinhin als "problematische" Ausländer angesehen wird, noch viel niedrigerer Anteil. Gefühlt waren in der Innenstadt quasi nur "Einheimische" unterwegs (sorry für die diversen Ausdrücke, ich denke, man weiß, was gemeint ist).

Für mich vom Eindruck her, auch wenn nach ein paar Tagen natürlich nur oberflächlich sein kann: Das müsste eine Stadt sein, in der CDU, SPD und Grüne zusammen mindestens 80% haben müssten, weil's für was Anderes kaum einen Grund gibt. Aber: 27% AfD, 22% Die Linke. Gut, es ist Ramelows Heimatwahlkreis, wobei er lusitigerweise ja eigentlich Wessi ist.

Da fragt man sich schon WTF?In Erfurt nicht blau zu wählen sollte eigentlich eine selbstverstänflichkeit sein. Was denken sich die 49% der Extremwähler (ja, selbst ich als Linker sehe die Linke teilweise als zu extrem an, auch wenn das ganz andere Maßstabe sind als bei der AfD)?

Oder Köthen, eine 35.000-Einwohner-Stadt in Sachsen-Anhalt: Da bin ich relativ regelmäßig (min. 1x im Jahr), weil da die Eltern meiner Freundin leben. 37,8% AfD. Und nein, das merkst du nicht, da rennen weder Glatzen rum noch sonstwas.

Dessau, direkt daneben: Eine 75.000-Einwohner-Stadt mit dem berühmten Bauhaus, hat einen leicht alternativ-weltoffenen Touch, deshalb auch ""nur" 32,9%. Aber warum? Ich war vor zwei Wochen zufällig da, als direkt neben dem hübschen Szene-Cafe (mit einem, so hätte ich zumindest spontan gesagt, tendenziell "grünen" Publikum, was aber bei 5,5% Wahlergebnis schon rein statistisch eher ne Fehleinschätzung ist) ein AfD-Stand aufgebaut war. Der wirkte eher "trostlos", so als würde man jede Stimme brauchen, um über 5% zu kommen. Nein, da wird man nicht auf Schritt und Tritt daran erinnert, dass man sich im AfD-Feindesland aufhält.

Ist jetzt keine Binsenweisheit, aber es braucht deshalb IMO auch keine "Hoden", um auch im Osten nicht AfD zu wählen. Ganz im Gegenteil: Es wirkt eigentlich *gerade da* besonders unlogisch und irrsinnig. Klar muss man die Sorgen der AfD-Wählerschaft auf eine gewisse Weise ernst nehmen; aber wenn der Osten wirklich dauerhaft an die Nazis verloren geht, haben sich das IMO die Bewohner komplett "freiwillig" selbst eingebrockt.

Die Gründe dafür sind sicherlich schwer zu konkretisieren. Was mir aber bei den Aufenthalten irgendwie aufgefallen ist: Man ist dort sehr schnell auf der Motz-Seite, wenn nicht alles 100pro passt. Und denen passt nie was 100pro. Dann schiebt man alles *sehr leicht* und auf die Ausländer oder wahlweise halt das politische System.

Unsere Vermieter beim AirBNB in Erfurt waren an sich sehr moderne, aufgeschlossene, moderne Menschen. Aber irgendwie... fetten Touareg vor der Haustür, fettes dreistöckiges Haus - aber ach, alles ist so schwierig... die Tochter reist seit Jahren mit dem Wohnmobil im Ausland rum, weil sie sich daheim vor den Ausländern nicht mehr sicher fühlt. Und der böse, böse Staat nimmt einem ja eh alles wieder weg, was man sich mit Leistung selbst erarbeitet hat. Ich glaube, das waren nicht mal AfD-Wähler, aber irgendwie auch nicht weit weg davon.

Es ist zum verzeifeln.


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