Thema:
Re:Nein! flat
Autor: token
Datum:19.03.25 15:10
Antwort auf:Re:Nein! von Bomber

>Also.ist es wie immer: ganz individuel

Erziehung ist generell individuell.
Aber es ist nicht nur hilfreich sondern meines Erachtens auch notwendig sich aktiv damit auseinanderzusetzen worauf man eigentlich aus ist.

Unterschiedliche Rahmenbedingungen können unterschiedliche Eigenschaften fördern oder eben auch so eine Ausbildung von Eigenschaften bremsen.

Also ist es in meinen Augen auch sinnhaft sich aktiv und durchgehend damit zu beschäftigen was aus der eigenen Perspektive wichtig für einen ist, was man dem Kind in seiner Entwicklung auf den Weg geben möchte.

Es gibt viele Charaktereigenschaften die mit "Selbst" beginnen.
Selbstständigkeit. Selbstbewusstsein. Selbstvertrauen.
Will man das fördern? Und wenn ja, was hilft dabei, und was hilft nicht?

Was will man erreichen? Und welche Methoden unterstützen das? Ist der Rahmen den ich schaffe und in dem ein Kind sich orientiert klar und verständlich und stiftet diese Orientierung? Oder nicht?

Und eben auch, nicht nur damit zu beschäftigen, was braucht mein Partner, was braucht mein Kind, sondern eben auch, was brauche ICH um in meiner Rolle zu funktionieren? Auch das ist wichtig. Die eigenen Bedürfnisse und wie man es schafft einen Rahmen zu bilden in denen diese Bedürfnisse ebenfalls berücksichtigt werden. Denn "Was kann ich überhaupt leisten" hat auch Grenzen.

Das alles unter einen Hut zu bekommen ist ja die Kunst, und da führen viele Wege nach Rom. Und was Rom eigentlich sein soll, muss man hierbei auch im Kopf haben. Wenn man etwa das Konzept Familie im Hinblick auf das Zielbild Generationenhaus fährt, dann geht man natürlich anders vor wenn es um den Rahmen des Zusammenlebens geht, als wenn man denkt, ich mach dich fit für diese kaputte Welt und wünsche dir dass du dir selbst zutraust dich in jeder erdenklichen Hinsicht auszuprobieren.  

Sich auch zu hinterfragen was die echten persönlichen Motive sind. Verhält hat man sich wie der Häuptling weil die anderen das wollen oder brauchen? Hat einen irgendjemand darum gebeten? Oder verhält man sich wie der Häuptling weil man sich selbst in der Rolle gefällt und lügt sich dann in die Tasche dass es dazu keine Alternative gäbe, wenn dich dein Körper irgendwann anschreit und dir vermitteln möchte dass du nicht dieser Häuptling bist, sondern auf dem Zahnfleisch läufst?
Geht schon? Am Arsch!

Nimm mal so ein Thema wie diese Geschlauchtheit, das findet sich über alle Altersklassen, häufig geht es um Schlafmangel, bspw. wegen sowas wie den nächtlichen Angstschüben. Ist das Kind noch zu klein und nicht aufnahmefähig? Okay, aber macht dann die Reaktionszeit von unter zehn Sekunden einen Unterschied zur Reaktionszeit von 1-2 Minuten? Ist das was das Kind da erlebt vielleicht nicht auch wertvoll für sich selbst um sich weiterzuentwickeln? Und stillt man damit wirklich die Bedürfnisse des Kindes, oder geht es vielleicht um eigene unbewusste Wünsche, etwa das einem das Gefühl gebraucht zu werden gefällt? Und man unbewusste Ängste hat irgendwann nicht mehr gebraucht zu werden?

Und ist das Kind vielleicht doch schon aufnahmefähig? Vielleicht gibt es ja eine Alternative zu "Alles ist gut, ich bin da, du bist sicher, *Kusskusskuss* *Wiegewiegewiege*". Das kann man auch twisten. Du kannst auch ein kleiner Held sein. Du kannst wenn das passiert folgendes probieren um erstmal zur Ruhe zu kommen. Du kannst dieses Dämonenschwein besiegen. Ich glaub an dich!

Und vielleicht erzählt es dann zum Frühstück stolz wie Oscar wie es seine Angst weggeballert hat, wird dafür gefeiert. Wie fühlt sich sowas für einen kleinen Mann an? Was macht sowas mit ihm? Und was passiert dann bei der nächsten Herausforderung? Ist dann vielleicht die Chance da dass der erste Gedanke nicht ist "Mamaaaah! Papaaaaah! Uähhhhhhh!111" sondern vielleicht "Fuck this shit! Ich kann das! Ich schaff das! Ich hab das schon mal geschafft! Ich probier's!"

Am Ende geht einen auch nichts an wer was wie macht und man kennt die konkreten Umstände wie auch Motive nicht. Und wenn's läuft, hey!
Aber wenn ich in meinem Umfeld diese Jammereien sehe wie am Arsch man ist und was man für ein kompliziertes Kind hätte, und dass man aufgrund der Umstände keine Optionen hätte, runzel ich oft genug die Stirn. Ja dann haben ALLE ganz besondere Problemkinder wo es halt nicht anders ginge. Oder ist in einer Zwangsjacke aus Granit wo es nichts gibt was man anders machen könnte.

Mal ein ganz kleines persönliches Beispiel. Man kann Kinder auch empowern indem man ihnen Aufgaben gibt, und dabei auch so kreativ werden dass es zu einem WinWin wird. Als ich meine Papa-Wochen hatte, aber auch gemerkt habe, dass dieser totale Fokus auf mich Räume abschnürt die ich brauche um zu funktionieren, etwa auch etwas Zeit nur für mich brauche und dann auch entsprechend mehr Schlaf, hab ich einfach ein Ritual auf den Weg gebracht. Ich hab meiner Tochter gezeigt wie das mit dem Einkaufen läuft und wo sie Brötchen holen kann. Ich hab ihr auch gezeigt wie sie einen Kaffee aufsetzt. Und dann bekam sie die Aufgabe, morgens eben nicht den Papa aus der Kiste zu kicken weil ihr langweilig ist, sondern Brötchen zu holen, das Frühstück vorzubereiten, mir einen Kaffee zuzubereiten, und mich erst zu wecken wenn alles fertig ist.

Ich weiß noch wie mich meine Freunde angesehen haben als sie dann sowas im Park erzählt hat wie sie den Papa morgens mit ner Tasse heißem Kaffee aus dem Bett holt. Die waren dann auch erstmal so, ey Junge, das ist ein Grundschulkind und du strickst dir da so eine Bedienstete? Wtflol? Und ich hab nur gesagt, wo ist das Problem? Ist doch geil! Kuck mal, die lernt paar Basics, ist stolz wie Oscar, beim Bäcker schon bekannt wie ein bunter Hund und die warten schon auf sie und stecken ihr süße Backwaren als Geschenke zu was sie ebenfalls aufpumpt, und ich kann eine Stunde länger schlafen weil sie beschäftigt ist und krieg einen dampfenden Kaffee zum aufstehen statt selbst alles vorbereiten zu müssen (wozu ich ja noch früher aufstehen müsste). What's not to like? Kids haben Bock auf sowas. Ist es dann besser das Überraschungsfrühstück zu bekommen und so zu tun als ob das Müsli mit Cola und Gurkenscheiben schmeckt?

Gib Kindern Aufgaben. Aufgaben die auch eine echte Hilfe sind. Sie lernen was, werden selbstbewusster, selbstständiger, mutiger, und können so auch aktiv entlasten. Ich pflege das bis heute, das mit dem Morgenkaffee-Job hat sich überholt, natürlich auch deswegen weil sie sich am WE nun selbst gerne lang macht und schlendert statt auf meinem Bett rumzuhüpfen, aber nun sag ich bspw., lass uns heute Essen gehen. Such ein Lokal aus und reservier einen Tisch. Überrasch mich.  

Das ist jedenfalls mein Weg des Ninjas.  
Und natürlich rede ich mir auch ein dass das soweit erfolgreich ist, dass genau dieser Angang mich nicht nur entlastet sondern auch ein Baustein dessen ist, warum sie schon mit Freunden die WG organisiert hat noch bevor das Abi in der Tasche ist, sich was zutraut, raus will, sich auf das nächste Kapitel freut statt Angst davor zu haben. Genau so ein mindset wollte ich fördern.

Aber natürlich ist so ein Angang nicht der Stein der Weisen, und auch kein Widerspruch ähnliches mit einem ganz anderen Angang zu erreichen, vielleicht ja auch viel viel besser. Es geht ja nicht darum wie etwas funktioniert, es geht darum sich damit auseinanderzusetzen wenn etwas offenkundig nicht funktioniert und dann gemeinsam nach Lösungen zu suchen in die sich alle konstruktiv einbringen können. Und hierbei auch nicht zu vergessen selbst zu fragen, was erwartest du von mir, was ist dir wichtig, statt einfach etwas zu tun von dem man denkt das sei das richtige.


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