Thema:
Re:Sicherheit vs Ungewissheit, wer gewinnt? flat
Autor: Pfombo
Datum:15.04.25 10:35
Antwort auf:Re:Sicherheit vs Ungewissheit, wer gewinnt? von Sven Mittag

>Das Hauptproblem ist doch einfach, dass wir eine Welt haben wie sie ist und eine Welt wollen, wie wir sie uns vorstellen. IMHO scheitern die meisten Menschen daran, dass sie die Realität nicht wahrhaben wollen.

Das seh ich fundamental anders, denn ich sehe das nicht als Hauptproblem, sondern als normal. Man muss sich eine tolle Welt vorstellen, um zu ändern, wie sie ist. Gewagte These: Stellen wir uns ma ne 100%-Welt vor, in der alle gleich reich, schön, schlau und stark sind, und jeder das hat, was er braucht. Wo wär denn da der Sinn, noch irgendwas zu machen? In so ner homogenen Welt gäbe es keinen Bedarf an irgendwas, nix mehr zu lernen, keine Unterschiede, keine Ideen, niemand würde mehr Hilfe leisten, weil niemand Hilfe bräuchte... Es klingt erst ma nett, aber mich erinnert es an dieses Bild vom Big Freeze, also der Theorie, dass das Universum irgendwann soweit expandiert, dass alles homogen kalt wird. Stillstand, Einheitlichkeit, Leere. Brrrr, mich fröstelts da wirklich. Deswegen häng ich diesen Post hier auch am Schwarzweiß-Denken auf. 0% oder 100%. Alles oder Nix. Ganz oder gar nicht. Alle oder niemand. Immer oder nie. Ich für meinen Teil finde dieses Denkmuster unlogisch, unrealistisch und auch unangenehm. Die Sonne strahlt nur deswegen, weil da der Strahlungsdruck gegen die Schwerkraft kämpft. Lol! Geiles Bild oder!!? Fiel mir grad so ein.
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>Eben weil die Realität halt Versagen, Eingestehen von EIGENEN Mängeln und Realitäten, die unabänderbar UND negativ sind, beinhaltet. Da man dies nicht will, flüchtet man sich in seine Bubble, ignoriert Fakten und zerbricht schlußendlich an den Tatsachen, da solche Ausflüchte eben nur bedingt das Leben verbessern.


Ja, das geht wohl vielen so, ich hab das alles vorher ähnlich empfunden. Aber auch das liegt mMn an Prägung, Erziehung und sozialen Normen. Unsere Kommunikation ist halt schon sehr darauf geeicht, Versagen als was Negatives zu begreifen, und Versagen wird ja tatsächlich auch negativ bewertet. Aber stellen wir uns ne Welt vor, in der es kein Versagen gäbe. 100% alles klappt, alles funktioniert, und alles ist "gut". Boah, super gruselig. Jetzt wil ich nicht sagen, dass Versagen an sich was Tolles ist. Aber ohne Versagen gäb's auch nix zu gewinnen. Das eine geht ohne das andere nicht. Hier könnte man jetzn riesiges Philosophenfass aufmachen, Hegels Dialektik scheint da reinzupassen, aber davon hab ich zu wenig peil und es juckt auch niemanden. Letztendlich bin ich schlichtweg zufrieden damit, dass es Unsicherheiten gibt und dass Chancen Chancen und keine Gewissheiten sind. "Das klappt nie" ist genauso falsch wie "Das klappt auf jeden Fall". Richtig is "Das könnte schiefgehen" oder "Das könnte klappen". Graudenken mag ich.
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>Du bist nicht der Schlauste/Beste? Liegt natürlich nicht an den Fähigkeiten, sondern nur daran, dass du gerade keinen Bock hast. Wenn du wollen würden, dann… ja, dann…
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>Die Natur ändern sich deutlich zum Menschenfeindlichen? Sobald wir alle Menschen uns nur stark genug anstrengen, dann wird dies alles besser.
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>Menschen sind von Natur aus xenophob? Und haben gerade mal über die Aufklärung rein kognitiv gelernt, dass dies scheiße ist? Was aber für die Mehrheit zu komplex und für den Rest zu anstrengend ist? Wacht halt mal auf!


Du meinst mit "wacht halt ma auf" "Akzeptiert die Realität" oder? Hab ich das richtig verstanden?
Also ja, Realität akzeptieren zu lernen is schon wichtig und richtig. Aber sie als statisch zu begreifen wiederum nich. Es muss nur nach den richtigen Hebeln gesucht werden, sie zu ändern.
Ich glaube, es wäre gut, Narrativen zu finden, die Leute glasklar vor Augen führen: Es ist nicht alles scheiße (schwarz), und es ist auch nicht alles geil (weiß), sondern teilsteils (grau). Das stimmt nämlich für alle. Und wenn alle checken, dass die Realität eben IMMER in Teilen gut und schlecht zugleich is, dann kommt's darauf an, den Fokus auf das zu richten, was gut ist. Was auch immer man als gut erachtet. Ich halte zB Respekt für gut.

Ups, jetz wollt ich gerade schreiben, dass Sicherheit was Gutes ist. Aber damit widerspreche ich mir ja. In ner vollkommen sicheren Realität würde ja wieder Stillstand herrschen. Brrrrr.
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>Die Kunst sollte imho einfach sein, die Welt, so wie sie ist, zu akzeptieren. Und auch Teile der Realität hinzunehmen, die gegen die eigene Überzeugung sind. Auch wenn dies bedeutet, sich einzugestehen, dass die Realität halt in Wirklichkeit fucking trostlos ist. Mit kleinen Highs hier und da. Dies bringt erst den inneren Frieden. Daran scheitern aber halt die Meisten. Was man ja wunderbar an diesem Forum täglich sehen kann.


Ich formulier meinen inneren Frieden mal so: In meinem Wertkompass stehn Unwissen bzw Ungewissheit, Neugier und Respekt. Das heißt:

Unwissen bzw Ungewissheit + Neugier + Respekt = gute Laune. Und gute Laune is ja wichtig für den Antrieb.

Ja, je mehr ich über diese Gleichung nachdenke, desto besser gefällt mir die. Komm ich sehr gut klar mit.


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