Thema:
Re:Badaboom flat
Autor: harukathor
Datum:02.05.25 17:03
Antwort auf:Re:Badaboom von Nehemia

>Wer sollte denn gegen RUssland in den Krieg ziehen?

Niemand müsste gegen Russland in den Krieg ziehen. Ein umfassender wirtschaftlicher Boykott würde ausreichen, um die russische Wirtschaft massiv unter Druck zu setzen. Ein Land dieser Größe kann sich eine vollständige Isolation schlicht nicht leisten, zumal Russland momentan extrem von Importen abhängig ist. Selbst militärisch wäre das schnell zu spüren: China müsste nur den Export bestimmter Bauteile stoppen, um Russland ohne effektive Drohnen und Raketen dastehen zu lassen. Ob China im Fall eines Chemiewaffeneinsatzes zu diesem Schritt bereit wäre, ist offen – bei einem Einsatz biologischer oder nuklearer Waffen wäre er dagegen deutlich wahrscheinlicher.

Allerdings ist das auch eher egal, da Chemiewaffen ihre eigenen Probleme mitbringen. Sie sind wie bereits gesagt an der Front militärisch nahezu unbrauchbar: Sie sind schwer kontrollierbar, gefährden auch eigene Truppen und bieten kaum operative Vorteile. Was bliebe, ist der Einsatz gegen Städte – doch auch dort würden sie in der Ukraine voraussichtlich keinen größeren Schaden anrichten als konventionelle Angriffe.

Die Ukraine wäre technisch zudem durchaus in der Lage, innerhalb kurzer Zeit eigene chemische Kampfstoffe herzustellen und auf russische Städte einzusetzen. Sie würde aber mit hoher Wahrscheinlichkeit weiterhin auf konventionelle Mittel setzen, da diese effektiver, völkerrechtlich zulässig und militärisch präziser sind.

Im Szenario eines russischen Chemiewaffeneinsatzes käme die massive Drohnenflotte der Ukraine vermutlich nicht nur gegen Städte, sondern auch gegen sensible Infrastruktur zum Einsatz, darunter Einrichtungen, die Russland unter keinen Umständen verlieren möchte. Zusätzlich wären verstärkte Sabotageakte tief im russischen Hinterland zu erwarten. Dabei könnten etwa Dämme oder im absoluten und hoffentlich nie eintretenden Extremfall sogar ein Atomkraftwerk ins Visier geraten. Die Ukraine wird dabei immer verwundbare Ziele finden: In einem Land, das von Korruption durchzogen ist und sich aufgrund seiner Größe kaum vollständig schützen lässt, sind Sicherheitslücken nahezu unausweichlich.

Russland weiß das – und auch, dass es bislang primär dadurch geschützt ist, dass die Ukraine sich an internationale Normen hält, um ihre EU-Perspektive, ihr Ansehen in der Welt und die westliche Unterstützung nicht zu gefährden. Sollte Moskau rote Linien überschreiten, würde der Westen einen Gegenschlag der Ukraine auf die meisten zivilen Ziele vermutlich stillschweigend dulden, solange sich die Ukraine dabei auf konventionelle Waffen beschränkt.

Zum Schluss: Moderne Atomwaffen machen Gebiete nicht für Jahrhunderte unbewohnbar. Diese Vorstellung stammt aus den Anfängen des Kalten Kriegs. In Bezug auf lokale Langzeitschäden sind chemische Waffen in vielerlei Hinsicht sogar gefährlicher und können den Abbau für Jahrzehnte erschweren.


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