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| Autor: | Pfombo | ||
| Datum: | 20.05.25 12:42 | ||
| Antwort auf: | Re:Causa Clownswelt: Band gibt Statement ab von token | ||
>>Zumindest gab es wohl einen Unwillen auf seiner Seite, über politische Themen zu reden. Und imo ist es immer ein wichtiger Indikator, wenn jemand nicht über bestimmte Themen reden will und sich dann rauswindet. Sollte man auf sowas mehr achten? Ach, knifflig ey... > >Dazu kann man auch eine andere Perspektive haben. >Man kann jedenfalls feststellen dass ein Marcflip sich im Kontext von Szenen deren Gesinnung diametral zur eigenen steht, ganz normal bewegen konnte und dass diese Kollegen überrascht waren, was er im Internet so treibt. > >Ich kann mir nicht helfen, aber auf mich wirkt das nicht in erster Linie bedenklich dass sich jemand bei bestimmten Themen zurück zieht und nicht drüber reden möchte, sondern recht gesund. Das seh ich auch so. Ich halte es für absolut richtig, dass so ne Denke nicht toleriert wird und die Leute das auch spüren. Was man aber auch bedenken sollte, ist eben das Internet, will sagen, es gibt einen Keim, der MP (Marc Philipp) dazu bewogen hat, sich Gedanken zu machen, woraufhin er im Netz rumklickt und auf zig unreflektierte Wutbürger und Brandstifter stößt, bis er sich irgendwann - 2020 wohl - dazu entschließt, den Clownswelt-Kanal zu machen. Klar, rückblickend kann man sagen "Kannste nix machen, woher und wann hätte irgendwer sowas mitkriegen sollen?". Ich zieh die Parallele aber zu anderen Gedanken, die man ebenfalls nicht äußert aufgrund von Scham, Wut, Angst oder watweißich. Nur als Beispiel: Gedanken über die eigene Sexualität. Wenn du zB nicht hetero bist und Angst vor dem Outing hast, ist das imo exakt derselbe psychische Wirkmechanismus: Ein Outing kostet Mut und Kraft, weil man darauf vorbereitet sein muss, nicht akzeptiert zu werden. Ein Großteil unserer Gesellschaft (hoffentlich) ist immerhin aufgeklärt genug, dass sowas einfacher wird, weil die Gefahr der Verurteilung eben geringer ist als sagen wir mal vor 20 Jahren (natürlich auch abhängig vom lokalen Umfeld, es gibt auch Umfelder, wo die Gefahr der Verurteilung höher ist als vor 20 Jahren, wissen wir). Auch bei anderen mentalen Themen wird es einfacher: Leute fühlen sich Stück für Stück mehr ermutigt, sich mit mentalen Themen auseinanderzusetzen und sich Hilfe zu suchen. So wird ja auch - imo nachvollziehbar - der Anstieg der mentalen Krankheiten erklärt. Ein Teil des Anstiegs kommt also aus einer Dunkelziffer heraus (zusätzlich zu "nominal mehr Fälle" und "nominal mehr Menschen auf der Welt"). Müsste dazu mal Quellen suchen, aber das haben einige sicher hier und da ebenfalls schon oft gehört. Ich ziehe hier gerade vorsichtig eine Parallele, die ich aber logisch finde, und hoffe, dass mich keiner dafür haut: Xenophobie (und daraus entstehender Extremismus) ist ein mentales Phänomen, das genau wie andere mentale Phänomene (Depression, Körperdysmorphie, Körperdysphorie, Autismus, Bipolarität, Borderline, ADHS, Schizophrenie etc) stigmatisiert ist und daher nicht von Betroffenen geäußert wird, weil die Äußerung eine potenzielle Gefahr darstellt. Aber ich würde auch sagen, dass Xenophobie weiter verbreitet ist. Vielleicht hat sie in einer 5%igen Form sogar einen biologischen Ursprung (fremd = Vorsicht), aber genährt wird sie doch bestimmt zum größten Teil durchs Umfeld, verzerrte Wahrnehmung und unvollständige Informationen. Und im Informationszeitalter, in dem wir gerade leben, kann sich diese verzerrte Wahrnehmung rasend schnell ausbreiten. Wir sehen es ja. Der Unterschied zu den oben beschriebenen, als mentale Krankheiten anerkannte Störungen, ist aber, dass Xenophobie eine jener Phobien ist, die nicht als Krankheit gelten. Ich hau ma kurz Wikipedia-Links rein, weil die immer einen guten Überblick geben: [https://de.wikipedia.org/wiki/Fremdenfeindlichkeit] [https://de.wikipedia.org/wiki/Liste_von_Phobien] Daraus ergeben sich mir dann weitere Fragen: Was genau ist eine Phobie? Macht es Sinn, so viele mentale Phänomene als Phobie zu bezeichnen, dann aber Unterschiede bei der Einteilung als Krankheit zu machen? Kann eine Phobie rational sein oder ist sie per Definition irrational? Und wenn eine Phobie generell als irrational (im Wortsinne unvernünftig) bezeichnet werden kann, was sind geeignete Maßnahmen oder Umgangsarten damit? Im Grunde spinn ich gerade nur rum, aber manchmal führt sowas ja auch zu Ideen. Und wenn ich jetzt mal eine spinnerte Zukunft male, könnte die so aussehen: "Tach Herr Doktor, ich leide unter Xenophobie. Was können wir denn da machen, bevor die in Hass umschlägt?" :) Zusammenfassen kann ich das so: Ich kann mich ganz schlecht mit dem Gedanken anfreunden, dass einbetonierte Gesprächsabbrüche ALLEINE der richtige Weg sind. Sie sind nur ein Teil des richtigen Wegs, siehe oben. Ächtung, Verurteilung und Intoleranz der Intoleranz gegenüber müssen sein! Aber zu einem vollständig richtigen Weg, der nicht nur moralisch, sondern auch pragmatisch richtig ist, fehlt mir eben noch was. >Vielleicht mag das Fahrgefühl für diese menschliche Fähigkeit sich einem gewissen Kontext anzupassen und in diesem Kontext zu funktionieren, etwa darüber dass man im geschlossenen Büro mit Kollegen nicht furzt und im HO genüsslich flattern lässt, in Zeiten von Social Media ein wenig verloren gegangen sein. Dennoch finde ich das wichtig. > >Freiheit bedeutet auch, dass ich, solange ich gegen kein Gesetz verstoße, nicht für meine Ansichten diskriminiert werden darf. > >Und man darf sich schon fragen IMO, bei wem geht hier denn was schief? Bei demjenigen der einem seine Kopfscheiße nicht proaktiv ins Gesicht schmiert und sich in so einem Kontext gelungen einfügt, oder bei Gesinnungsjägern die sich dann Jobverbote für solche Menschen wünschen und sie auch darüberhinaus ausgrenzen möchten? Ja wo sollen sie denn hin? Imo liegt das am Umgangston und an der Einstellung zueinander. Gesinnungsjäger (schönes Wort) haben ja ebenfalls Angst, die sie durch ein Propagieren ihrer Moral und dem Zusammenschluss mit Gleichgesinnten mindern wollen. Und sie haben auch ZURECHT Angst, dass, wenn sie das nicht tun, diese Denke normalisiert wird. Über letzteres bin ich dann doch auch glücklich. Viel schlimmer wäre, wenn alle nichts täten. Aber weil die Moral scheinbar wertvoller/wichtiger ist in den Köpfen einiger als der Wunsch nach einer Lösung bzw Entspannung, wird selbst die Suche nach einer Lösung kaum oder zu wenig besprochen. Das wäre halt auch schwieriger. Es ist leichter für alle Menschen, ganz generell zu sagen "Ich bin gegen 'die anderen' und damit basta." Zwei Konfliktparteien haben in einem Konflikt (fast egal in welchem) also sehr viele Gemeinsamkeiten. Ich könnte diese Gemeinsamkeiten mal so formulieren: - Die anderen sind der Feind und müssen mindestens aufgehalten und bekämpft werden. - Wir haben recht, die anderen nicht. - Wir machen keine Fehler. Nur die anderen machen Fehler. - Wir müssen gewinnen, und die anderen müssen verlieren. - Mit denen zu reden macht keinen Sinn. - Etcpp. Die Gemeinsamkeiten liegen also in der Konfliktführung. Was mir aber immer wieder Hoffnung gibt, sind Fälle, in denen sich jemand vom Extremismus abgewandt hat und das auch kundtut. Extremismusaussteiger halte ich für eine der effizientesten Mittel, um Extremismus einzudämmen. Die waren drin, die wissen, wovon sie reden, und oft engagieren sie sich sogar. Die wichtigste Frage ist in meiner Wahrnehmung also: "Wie findet oder 'erschafft' man Aussteiger?" |
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