Thema:
Seh ich auch so flat
Autor: Pfombo
Datum:21.05.25 10:51
Antwort auf:Re:Causa Clownswelt: Band gibt Statement ab von token

>>Emotional alles nachvollziehbar, aber nicht erfolgreich.
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>Das ist für mich das entscheidende. Ich bin Pragmatiker genug um zu denken, whatever works. Aber es funktioniert nicht. Die Zahlen lügen nicht. Und die USA sind in vielerlei Hinsicht auch immer sowas wie eine Art Foreshadowing.
>Wie gehen wir also damit um?
>Das, was offenkundig nicht funktioniert einfach noch energischer praktizieren?
>
>Ich sehe Rechtspopulismus auf abstrakter Ebene als eine Art Gesellschaftshack.


Ich finde nicht mal, dass das eine abstrakte Ebene ist, sondern eine ziemlich treffende Beschreibung. In einer Demokratie ist - zumindest auf dem Papier - das Volk der Souverän. Populismus zielt auf Bevölkerung ab, steckt ja schon im Wort.

Deswegen hab ich auch schon mal an anderer Stelle geschrieben, dass ich es tolle fände, wenn stressige, rechthaberische, faktenverbiegende, anklagende Kommunikation untereinander unpopulär werden würde. Nicht verboten, sondern einfach unbeliebt. Wer sich auf die Art streiten will, soll das tun, aber wenn mehrere erkennen würden, dass das mal so gar nix bringt, sondern nur Energie kostet, könnten sie das auch einfach ignorieren. So wie Zuschauer. "Oh, da streiten sie sich wieder hart. Naja, ich nicht, ich tausche mich mit vernünftigen, impuls-kontrollierenden Menschen über Lösungen und Ansichten aus und kreiere so Energie."

Utopie? Vielleicht, aber imo richtig.

>Sie exploiten das demokratische System. Und wenn wir gehackt werden, dann ist das erste worüber wir reden, wo sind die reingeschlüpft, was müssen wir tun um das System so zu härten dass sowas nicht mehr geht.
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>Was wir nicht tun ist zu sagen, wir gründen jetzt eine eigene Hackerarmee, wir schlagen sie mit ihren eigenen Mitteln. Wenn ich es bin der die Sportart wählen kann, und ich will mich mit Raab duellieren, dann wähle ich alles mögliche, aber ganz sicher kein Geografiequiz. Ich kann und werde so ein Duell nicht gewinnen.
>

Da hab ich auch schon oft drüber nachgedacht, und man wäre dann bei "Der Zweck heiligt die Mittel". Aber da der Zweck ja nicht die Vernichtung irgendeines Lagers wäre, sondern eine Reduktion der Spaltung, eine Entspannung, find ich es nicht verwerflich. Siehe auch Social Media: Die AfD haut oft auch Posts raus, in denen eine wunderschöne Welt gemalt wird, und hey, als vernünftiger Mensch mag ich wunderschöne Welten. Aber ich lass mich nicht von denen hacken, weil ich ja tausende Evidenzen für deren Ansichten habe, die ich alle verachte. Fehlende Differenzierung, Diskriminierung, Unterschiedsdenken, Intoleranz, Aktzeptanz hassender und radikaler Menschen etcpp. Ich würde zB gerne ein Zukunftsszenario in Bewegtbild sehen, in dem die AfD regiert, realistisch dargestellt, aufbauend auf all diesen Evidenzen - wäre zumindest eine eindringliche Message. Ein bisschen so halt wie Garlands Civil War. War ja auch nur ein fiktives Szenario, aber halt eines, das nicht unmöglich ist.

>Und nochmal der Blick in die USA, was ist die Konsequenz daraus wenn man diesen Kampf nicht für sich entscheidet? Dass echte Nazischeiße passiert. Menschen werden von unregulierten und teils rassistischen Ordnungskräften einfach einkassiert, nach komplett beliebigen äußeren Merkmalen. Sie bekommen keinen Prozess. Dann werden sie zusammengepfercht und gezielt erniedrigend und entblößend als einfache Feindbilder zur Schau gestellt. Und dann werden sie ins Ausland deportiert und dort "gelagert" und ein Feature so eines Lagers das dann stolz verkündet wird, ist, dass es nur durch einen Sarg verlassen werden kann. Na immerhin nicht durch den Kamin. Aber was nicht ist kann ja noch werden wenn die Logistik dahinter anfängt kompliziert zu werden. Passiert nun jeden Tag, aber ist halt yesterday news sobald Trump den nächsten monkey dance hinlegt.
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>Was ist also der Plan um das zu verhindern, wo wollen wir hin, wie kommen wir dahin, was sind die Etappenziele und wie werden sie auf den Weg gebracht, was ist das langfristige Ziel, was sind die Methoden, wie wird gemessen ob man erfolgreich ist, wie wird damit umgegangen wenn man nicht erfolgreich ist?
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>Auf jede unbequeme Frage in dieser Richtung hab ich bislang nur Phrasen bekommen die sich der Frage einfach entziehen. Nur ist es halt das was wir brauchen. Einen Plan. Denn einer Sache kann man sich sicher sein. DIE haben einen Plan. Und sie sind on track. Und wenn ich mich mit Maßnahmen beschäftigen möchte bin ich imo sehr gut beraten nicht das zu kopieren was gescheitert ist, sondern dort hinzuschauen wo sich Populisten deutlich schwerer tun.


Ich finde, die tun sich sehr schwer im Bereich Werte. Kognitive Dissonanzen haben wir alle, aber Populisten graben sich da extra große Fallgruben. Nur ein Beispiel von vielen: Die Verteufelung der Empathie. Natürlich kann Empathie auch schädlich sein, wenn sie zu radikal bzw undifferenziert angewandt wird, aber einige MAGA-Trooper (wahrscheinlich die meisten) setzen Empathie als Gesamtkonzept auf die Hass-Liste. Tja, und diese Ansicht lässt sich ja hervorragend aushebeln.

Hier ein random Video zu dem Thema, Michael Burns, 8 Minuten: "the REAL reason conservatives HATE empathy"
[https://youtu.be/VtyRTFGfw6o?si=gTNgwPtUtGg6gsM8]

Und da gibt es noch viele weitere Werte, bei denen Populisten den logischen Austausch scheuen, weil sie einfach stumpf Ansichten, Konzepte, Emotionen oder Systeme undifferenziert verteufeln. Die schnüren sich ihr unlogisches, weltanschauliches Korsett so eng, dass sie sich selbst die Luft zum Atmen nehmen.
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>Und sich dann zu fragen, was machen die anders, was machen die vielleicht besser. Kann es vielleicht sein dass es hilft wenn man Bürger stärker am demokratischen System partizipieren lässt als derart sie einfach nur alle paar Jahre ein Kreuzchen setzen zu lassen, und ihnen hinterher zu sagen, ja mei, das war halt Wahlkampf.
>Kann es vielleicht helfen Bürger stärker in die Verantwortung zu nehmen bei gesellschaftlichen Projekten und ihnen das auch zuzutrauen, wie die Schweden bei Corona, wo man sieht, on the long run war deren Bilanz nicht schlechter, aber im Hinblick auf die gesellschaftliche Akzeptanz exorbitant besser.
>Kann es helfen aufzuhören sich im aktuellen Format in Wutreflexen Tiernamen zu geben und verstärkt dort hinzuschauen wo man Gemeinsamkeiten hat statt einem Tunnelblick auf die Differenzen.
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>Mir persönlich scheint dass der Erfolg der AfD auch zu großen Teilen von einem Ohnmachtsgefühl motiviert wird, und dass vielleicht in Maßnahmen für direktere Demokratie mögliche Hebel liegen könnten, keine die das Problem in vollem Umfang lösen, aber dabei helfen könnten wieder ein besseres Vertrauensverhältnis aufzubauen. Denn eines scheint klar, einen Kulturkampf kann man nicht gewinnen und ein solcher steht auch diametral zu unseren demokratischen Werten, es braucht was anderes. Natürlich zuvorderst politische Erfolge die beim Bürger auch spürbar ankommen, da hoffe ich jetzt einfach auf gute Arbeit. Aber meines Erachtens auch systemische Korrekturen statt sich selbst mit populistischen Mitteln an Symptomen abzuarbeiten und die Augen davor zu verschließen dass dadurch nichts besser wird und auch nicht besser werden kann.


Ja, Ohnmacht ist das bestimmende Gefühl, das in Krisen ausgenutzt wird. Dabei ist man gar nicht so ohnmächtig, wie man denkt, oder wie einem weißgemacht wird. Man darf sich keine Ohnmacht einreden, und auch keine Ohnmacht einreden lassen. Is nich einfach, aber logisch.


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