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Re:EU-Abgeordnete wollen Ungarn alle EU-Gelder streichen flat
Autor: Xtant
Datum:22.05.25 01:16
Antwort auf:Re:EU-Abgeordnete wollen Ungarn alle EU-Gelder streichen von thestraightedge


>Ja, aber welche Grundlage für so eine Bewertung wäre dann richtiger oder besser geeignet? Dass nicht 4,7 Mrd als Sofortüberweisung dort ankommen ist doch klar. Dennoch profitiert Ungarn nach dieser - imo üblichen - Betrachtung mit am meisten von der EU. Da ist es doch müssig zu sagen "so ist es aber eigentlich nicht".

Der Staat an sich  profitiert insgesamt recht wenig von den EU-Geldern. Er ist ja mehr Verwalter und Verteiler. Nicht geringe Mengen gehen sogar direkt in die regionalen Strukturen, sprich Bundesländer.

Ungarn hat wohl die höchste Missbrauchsquote innerhalb der EU, was die Verwendung der Gelder angeht. Eingefroren werden die Gelder aber vor allem deswegen, weil Ungarn nicht die Vorgaben zur Rechtsstaatlichkeit erfüllt. Da gibt es natürlich direkte Berührungspunkte (Korruption), aber erst Mal sind das zwei Paar Schuhe.

Komplett einfrieren will man das Geld ja, wegen des unzureichenden Demokratiestandes. Konkret geht es glaube ich z.B. darum, dass die externe Finanzierung von NGOs verboten werden soll. Und sich Ungarn von der internationalen Strafgerichtsbarkeit zurückzieht.

Mal konkreter ausgedrückt: es ist ja theoretisch ein hochdemokratischer Staat denkbar, bei dem die staatlichen Apparate aber gleichzeitig sehr korrupt sind. Ok, bei dem einem Demokratie-Index würde er damit durchfallen, aber sonst... EU-Gelder würden problemlos fließen, aber man müsste sich halt dem Korruptionsthema widmen. Dass sichergestellt wird, dass die normale fließenden EU-Gelder auch so verwendet werden, wie es vorgesehen ist.

Und sogar umgekehrt ist denkbar: Ein Scheißstaat wie das Orban-Ungarn, der aber tatsächlich die EU-Gelder so verteilt, wie es vorgesehen ist. Wovon dann tatsächlich weniger der Staat als vielmehr die Leute profitieren.

Die Wahrheit liegt wohl irgendwo dazwischen: Von den EU-Geldern profitiert (hauptsächlich?) der Ungar an sich. Druck gegen Orban aufzubauen ist völlig ok, wahrscheinlich sogar notwendig. Aber das Netto-Profiteur-Dasein Ungarns an sich anzuzweifeln, geht am Thema vorbei.

Das ist ja letztendlich das, was einen bei einem modernen Rechtsaußen-Staat so verzweifeln lässt: Warum zum Geier wählen die Leute das? Sie schaden sich doch eindeutig selbst... aber zu glauben, man könne mit dem finanziellen Druck die Leute selbst zum Umdenken bewegen, ist ziemlich romantisch-naiv von der EU.

Wenn die Leute die Mischung aus Autokratie und Diktatur wirklich (freiwillig) wählen, biste halt relativ machtlos. Eventuelle Wahlbetrügereien hin oder her - es ist ja nicht so, dass Orban Ungarn gegen den Willen von 90%+ der Bevölkerung regiert.

Vielleicht verstehst du halbwegs, was ich meine. :-)
Das großflächige Einfrieren der Gelder ist IMO eine eher zweifelhafte Angelegenheit. Aber die EU schafft es halt leider einfach nicht, abseits dessen genug politischen Druck auf Orban auszuüben.


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