Thema:
Re:Ich bin verwundert flat
Autor: JPS
Datum:03.06.25 20:45
Antwort auf:Re:Ich bin verwundert von suicuique

>Man sollte das aber im Kontext vergleichbarer Bewertungen sehen, meinste nicht?
>
>Die Weltbank ordnet Russland zB als "high income economy" ein. Nur zur Einordnung.


Wohlstand bündelt sich weltweit in großen Städten und wirtschaftlich bedeutsamen Regionen des Landes. In Russland z.B. in Moskau, St. Petersburg und einigen weiteren für die Industrie wichtigen Zentren.

Wenn Du dort lebst, ist das Leben entsprechend teurer aber auch auf weit höherem Standard als in den ärmsten ländlichen Regionen, wo die Leute ähnlich wie in Thailand im Extremfall noch nicht einmal eine Toilette im Haus haben.

Da diese Länder kein mit Deutschland vergleichbares Sozialsystem haben und Russland zudem eine Oligarchie ist, öffnet sich die Schere zwischen Arm und Reich zwar weiter als bei uns, das ändert aber nichts am hohen Lebensstandard, der in diesen Städten möglich ist, der einem nicht unerheblichen Teil der Bevölkerung zugänglich ist und daher auch eine solche Einstufung durch die Weltbank nachvollziehbar macht.

Thailand hat eine Urbanisierungsrate von inzwischen über 50%, davon ca. 25% im Großraum Bangkok:

[https://i.imgur.com/aGcjXFF.png]
Quelle: [https://tradingeconomics.com/thailand/urban-population-percent-of-total-wb-data.html]

Ist also nicht so, dass das nur ein paar Prozent der Bevölkerung sind, die bereits in einem entsprechenden Wohlstand leben.

Russland liegt bei über 75%:

[https://i.imgur.com/5Ip2yLZ.png]

>Den Schluss daraus etwas über den Lebensstandard in einem Land ableiten zu wollen halte ich für naiv.

Außerhalb von Bangkok und den Touristenregionen wirkt vieles in Thailand noch vergleichsweise arm - wobei auch viele Leute die in der Stadt arbeiten Geld nach Hause schicken und daher auch dort stellenweise richtige Luxus-Häuser und reiche Wohngegenden hochgezogen werden.

Und natürlich gibt es auch in den Großstädten arme Viertel und Slums, Umweltverschmutzung und Müll - deshalb ist es ja gerade eben noch kein "Erste-Welt-Land" - wobei man solche Probleme auch z.B. in Amerika und ansatzweise auch bei uns beobachten kann - trotzdem würde niemand ernsthaft den Status von Amerika als "Erste-Welt-Land" anzweifeln.

Die Weltbank‐Einstufung basiert auf dem durchschnittlichen GNI pro Kopf (Atlas‐Methode). 2023 lag Thailand bei etwa $7200, womit es deutlich über dem unteren Schwellenwert von $4500 für "Upper Middle Income" liegt.

In ländlichen Regionen, besonders im Nordosten oder Norden, leben viele Menschen von weniger als $200 monatlich, während in Bangkok das durchschnittliche Haushaltseinkommen über $1000 liegt.

Neben dem Bruttonationaleinkommen (GNI) pro Kopf nach der Atlas‐Methode, das für die Einstufung der Weltbank herangezogen wird, gibt es auch noch einen PPP‐Wert für die inländische Kaufkraft. Hier erreicht Thailand sogar einen Wert von rund $23000.

Bei solchen Zahlen, also einer inländischen Kaufkraft von durchschnittlich fast $2000 pro Monat, dürfte mancher deutsche Rentner recht traurig auf seinen Kontoauszug und seine eigene Kaufkraft im 1st-World-Sozialstaat Deutschland blicken.

Klar ist diese Aussage ein wenig übertrieben/verzerrt und berücksichtigt nicht das bessere Sozialsystem in Deutschland, die im Schnitt höhere Produktqualität, die größere Arm/Reich-Schere in Thailand oder Luxus- und Importartikel, aber es zeigt IMO durchaus auf, dass manche Leute die zu Begriffen wie "3. Welt Land" greifen, Thailands Wirtschaft und Status deutlich unterschätzen.

"Upper Middle Income" bedeutet auch, dass Thailand insgesamt über genug staatliche Ressourcen verfügt, um Infrastruktur, Bildung und Gesundheitsversorgung deutlich auszubauen - und das sieht man in vielen Großstädten und Schwellenregionen sehr gut.

Da ich (egal welches Land) nicht aufs Dorf, sondern in eine der größeren Städte bzw. deren Umland ziehen werde, muss ich mich auch am Standard in diesen Städten orientieren - und ja, auch dort gibt es Dinge die zeigen, dass Thailand noch nicht das "Erstwelt‐Niveau" erreicht hat - aber irgendwo muss die Preisersparnis auch herkommen - wäre das durchgehend auf höchstem Niveau könnte man dort genauso wenig erschwinglich leben wie in München oder noch teureren Städten wie New York oder London.


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