Thema:
Re:Cowboy das nächste VanMoof? flat
Autor: Staabi
Datum:08.07.25 23:17
Antwort auf:Re:Cowboy das nächste VanMoof? von Matze

Hi,

ich arbeite seit über 35 Jahren in der Fahrradbranche, erst in einem Shop, dann bei einem Fahrradhersteller, jetzt bei einem Komponentenzulieferer. Lass Dir versichern, die Margen sind nicht "abartig hoch". Was man bei einem Fahrrad gegenüber einem Auto oder Motorrad nicht unterschätzen darf sind Faktoren wie viel engere Gewichtsgrenzen, das Fahrrad (mit oder ohne Motor) soll ja bei 150-170kg Systemgewicht inkl Fahrer selbst keine 50kg wiegen. Deshalb werden hochwertigere Materialien (Alulegierungen, hochfeste Stahlsorten, Carbonfasern) verwendet. Nicht zu vergessen, 4-5 (bei Rennrädern noch mehr) Rahmengrößen pro Modell mit entsprechenden Formkosten (die sind auch bei Alurahmen durch Hydroforming-Rohre inzwischen nicht günstiger als bei Carbon), verschiedene Lenkerbreiten, Kurbel- und Sattelstützlängen, bei EBikes noch Kosten für CE-Zertifizierung.

Für den Handel ist das Fahrrad auch nach wie vor ein Saisongeschäft, grob von April bis Oktober. Vor allem, wenn die Sonne scheint - die restliche Zeit des Jahres oder auch verregnete Jahre muss der Handel mit Reparaturen (viele Werkstätten arbeiten aber nicht kostendeckend) und seiner Marge ausgleichen.

In der Fahrradbranche wird man idR nicht reich, Ausnahmen bestätigen die Regel. Deshalb geht auch einigen Händlern und auch Herstellern bei der im Moment herrschenden Rabattschlacht trotz sehr guten Verkäufen 2020-2022 so langsam die Luft aus... Wobei die Überbestände sich so langsam abbauen und der ein oder andere im nächsten Jahr schon eine Verknappung bzw nicht ausreichende Lagerbestände kommen sieht da viele Händler jetzt übervorsichtig mit ihren Ordern sind.      

[Edit]P.S. - da Du davon sprachst "warum hat China das nicht für sich entdeckt". Tatsächlich kommen sehr viele Fahrräder bzw Rahmen aus China, gerade im hochwertigen Bereich. Gerne auch von Herstellern deren Besitzer in Taiwan beheimatet sind. In die EU gibt es aber Strafzölle, weswegen "entry Premium" bis obere Mittelklasse inzwischen eher aus den "Tigerstaaten" Kambodscha, Vietnam oder Malaysia kommen, wo das Lohnniveau doch deutlich niedriger ist als in Taiwan oder China. Ausserdem gibt es auf Kompletträder aus Kambodscha deutlich weniger Zölle. Nach den extrem gestörten Lieferketten n den Corona-Jahren bildet sich in der EU aber gerade in Portugal auch eine Fahrradproduktionsindustrie (inkl Carbon-Rahmenproduktion), die aufgrund geringerer Risiken bei Währung, Zöllen oder Lieferzeiten und Container-Seefrachtkosten (Stichwort Huthi-Rebellen...) inzwischen mehr als konkurrenzfähig ist. Dennoch ist China schon noch sehr stark im Fahrradgeschäft vertreten, wie DJI (ja, der Drohnenhersteller) mit seiner eMTB Marke AMFlow gerade beweist


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