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| Autor: | Kilian | ||
| Datum: | 09.07.25 00:18 | ||
| Antwort auf: | Re:Cowboy das nächste VanMoof? von Staabi | ||
Das sind wirklich interessante Dinge, die du da erzählt hast. Wer etwas mehr mit Fahrrädern zu tun hat oder sich gerne mit dem Thema beschäftigt, merkt sicher, dass nach dem Corona-Boom gerade sehr viel Druck in der Branche ist. Wäre schade, wenn da bekannte (und verdiente) Marken auf der Strecke bleiben würden. Ich habe jetzt seit bald sechs Jahren mein Cowboy und finde deren Produkte nach wie vor sympathisch, auch wenn ich erkennen kann, dass manche Dinge (insbesondere das viele Custom Made) unnötig und riskant gewesen sind. Der Support war bisher wirklich extrem gut - auch wenn ich mir wünschen würde, dass ich ihn gar nicht erst so oft gebraucht hätte. ;) Ich hoffe, sie kriegen ihre Krise überwunden und bleiben im Spiel. Was die Margen angeht: Ich glaube dir, dass da grundsätzlich viel genaue Kalkulation nötig ist und die Margen nicht exorbitant sind. Aber wie kann es sein, dass bspw. unser Tern GSD Lastenfahrrad vor Corona für 3.500 Euro zu kaufen war und praktisch dasselbe Rad (nach einem Modell-Update) nun locker 2.000 Euro mehr kostet? (In den Hochzeiten des Hypes hat das Ding sogar nochmal 1.000 Euro mehr gekostet!) Wenn das nicht „Angebot & Nachfrage“ bzw. „optimierte Marge“ ist, was dann? Ein Freund von mir, der einen Fahrradladen besitzt, hat Tern vor einem halben Jahr aus seinem Sortiment gestrichen, vor allem weil der europäische Vertreiber extrem unzuverlässig war (seit neuestem macht Tern den Vertrieb in Europa nun selbst), aber auch weil die EK-Preise für die Räder hoch- und runtergingen wie an der Frankfurter Börse. Das hat ihn als Händler viele Nerven gekostet und die Kunden verunsichert. Ich glaube schon, dass einige während des Corona-Booms ihren Hals nicht vollkriegen konnten und jetzt, nach dem Hype, nicht fähig sind, diese „goldenen Zeiten“ hinter sich lassen zu können. >Hi, > >ich arbeite seit über 35 Jahren in der Fahrradbranche, erst in einem Shop, dann bei einem Fahrradhersteller, jetzt bei einem Komponentenzulieferer. Lass Dir versichern, die Margen sind nicht "abartig hoch". Was man bei einem Fahrrad gegenüber einem Auto oder Motorrad nicht unterschätzen darf sind Faktoren wie viel engere Gewichtsgrenzen, das Fahrrad (mit oder ohne Motor) soll ja bei 150-170kg Systemgewicht inkl Fahrer selbst keine 50kg wiegen. Deshalb werden hochwertigere Materialien (Alulegierungen, hochfeste Stahlsorten, Carbonfasern) verwendet. Nicht zu vergessen, 4-5 (bei Rennrädern noch mehr) Rahmengrößen pro Modell mit entsprechenden Formkosten (die sind auch bei Alurahmen durch Hydroforming-Rohre inzwischen nicht günstiger als bei Carbon), verschiedene Lenkerbreiten, Kurbel- und Sattelstützlängen, bei EBikes noch Kosten für CE-Zertifizierung. > >Für den Handel ist das Fahrrad auch nach wie vor ein Saisongeschäft, grob von April bis Oktober. Vor allem, wenn die Sonne scheint - die restliche Zeit des Jahres oder auch verregnete Jahre muss der Handel mit Reparaturen (viele Werkstätten arbeiten aber nicht kostendeckend) und seiner Marge ausgleichen. > >In der Fahrradbranche wird man idR nicht reich, Ausnahmen bestätigen die Regel. Deshalb geht auch einigen Händlern und auch Herstellern bei der im Moment herrschenden Rabattschlacht trotz sehr guten Verkäufen 2020-2022 so langsam die Luft aus... Wobei die Überbestände sich so langsam abbauen und der ein oder andere im nächsten Jahr schon eine Verknappung bzw nicht ausreichende Lagerbestände kommen sieht da viele Händler jetzt übervorsichtig mit ihren Ordern sind. > >[Edit]P.S. - da Du davon sprachst "warum hat China das nicht für sich entdeckt". Tatsächlich kommen sehr viele Fahrräder bzw Rahmen aus China, gerade im hochwertigen Bereich. Gerne auch von Herstellern deren Besitzer in Taiwan beheimatet sind. In die EU gibt es aber Strafzölle, weswegen "entry Premium" bis obere Mittelklasse inzwischen eher aus den "Tigerstaaten" Kambodscha, Vietnam oder Malaysia kommen, wo das Lohnniveau doch deutlich niedriger ist als in Taiwan oder China. Ausserdem gibt es auf Kompletträder aus Kambodscha deutlich weniger Zölle. Nach den extrem gestörten Lieferketten n den Corona-Jahren bildet sich in der EU aber gerade in Portugal auch eine Fahrradproduktionsindustrie (inkl Carbon-Rahmenproduktion), die aufgrund geringerer Risiken bei Währung, Zöllen oder Lieferzeiten und Container-Seefrachtkosten (Stichwort Huthi-Rebellen...) inzwischen mehr als konkurrenzfähig ist. Dennoch ist China schon noch sehr stark im Fahrradgeschäft vertreten, wie DJI (ja, der Drohnenhersteller) mit seiner eMTB Marke AMFlow gerade beweist |
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