Thema:
Re:Was ist denn der Kostentreiber flat
Autor: token
Datum:09.07.25 14:28
Antwort auf:Re:Was ist denn der Kostentreiber von _bla_

>Also als ich meinen Führerschein 2000 gemacht habe, gab es auf jeden Fall die Pflichtstunden = Sonderfahrten schon, in welchem Umfang genau, weiß ich nicht mehr, aber wesentlich weniger als 10 Stunden in der Summe werden das nicht gewesen sein und die Fahrschulen haben für diese Stunden auch etwas höhere Preise aufgerufen. Wo ich wirklich deutliche Unterschiede sehe: Grundgebühren waren damals entweder wesentlich geringer (Theorieunterricht in Gruppen ist ja auch eigentlich relativ billig zu machen) oder wurden teilweise auf die ersten Fahrstunden angerechnet.
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Ich vermute das galt schon bei mir, und es wie bei Bomber war dass alle Fahrstunden schon als Pflichtstunden erfasst wurden. Muss auch sagen, als ich das gemacht habe war alles überlaufen mit Wartelisten. Ich weiß auch noch dass wir untereinander getuschelt haben welche Fahrlehrer die geilen und welche die verhassten waren, gab ja genug ältere Brüder die berichteten. Und ich hab halt den genommen der am verhasstesten war, einfach weil der direkt frei war und ich den Lappen unbedingt zum Geburtstag fertig haben wollte. Und darüber nicht zum ersten und nicht zum letzten mal im Leben festgestellt dass ich auf die gemeinhin als komische und fiese Gestalten Titulierten mitunter am besten klar komme.

>Da ist meine Wahrnehmung halt komplett anders. Die Leute, die sich in meinem Umfeld schwer getan haben hatten eher 40+ Fahrstunden und durch die praktische Prüfung durchfallen war auch nicht ungewöhnlich. Manche Prüfer haben bspw. jeden sofort durchfallen lassen, der beim Abbiegen nicht überdeutlich nach möglichen Radfahren geschaut hat, völlig egal, ob da tatsächlich ein Radfahrer übersehen wurde oder nicht.
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Mit 20 Stunden war man bei uns "Opfer". Die hat auch niemand aus meinem Umfeld gebraucht. Geläufig waren afair so 13-16 Stunden.
Und man wurde auch explizit und durchgehend auf die Prüfung gedrillt, übertriebene Gestik für den Prüfer, und Zurechtweisungen wenn man was aus dem Augenwinkel gemacht hat, weil "es ja nicht darum geht dass du weißt und/oder gesehen hast dass da nichts ist".

>In vielen Studiengängen sind solche Durchfallerquoten doch in den ersten Veranstaltungen völlig normal oder werden sogar noch deutlich übertroffen.
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Ich hab jetzt nicht Hochschulen gemeint, wobei das imo auch ein klares Problem ist. In Mathe war der Gap zur Hochschulreife komplett absurd, da hatte ich das Gefühl dass ich in der Schule NICHTS von dem gelernt habe was aus dem Stand notwendig war um einer Vorlesung auch nur halbwegs folgen zu können. Ich kann mich auch noch an die charmante Begrüßung im komplett gefüllten Hörsaal erinnern, dass es in einem halben Jahr schon sehr überschaubar werden wird. In Informatik hätte ich hingegen am ersten Tag auch direkt blind in die Prüfungen gehen können ohne an einer Vorlesung teilzunehmen.

Auch das sind strukturelle Probleme. Der Auftrag ist nun mal die Leute fit zu kriegen, und speziell Führerschein ist für die meisten Menschen eigentlich kompletter Bums, nicht ohne Grund sind die Straßen überfüllt.

>Auf dem Land braucht man einen Führerschein, keine Frage, da bin ich völlig bei dir. Ich frage mich aber wie sich diese völlig unterschiedliche Wahrnehmung ergibt? Liegt es daran, dass ich in der Stadt meinen Führerschein gemacht habe? Ist der große Kostensprung vielleicht passiert als von Klasse 3 auf Klasse B umgestellt wurde? Sind es vielleicht regionale Unterschiede?
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Kann sicher sein, wir suhlen uns ja alle ein Stück weit in Anekdoten, bei mir kam das Thema auch nur auf den Radar weil die Tochter nun dran ist, mir war gar nicht klar was es da für eine Entwicklung gab, und ich war erstmal Baff erstaunt was da an Kosten aufgerufen wird. Und auch früher wird es sicher regionale Unterschiede gegeben haben, meine Fahrschule lag in einem sozialen Brennpunkt, da halte ich es nicht für unwahrscheinlich dass sich sowas dann auch in den Kosten widerspiegelt.
Bei "uns" wurde man auch regelrecht durchgedrillt und es war sehr auf die Prüfungssituation fokussiert, wahrscheinlich war es da auch ob des Andrangs das wirtschaftlich sinnvollste die Fahrschüler möglichst schnell wieder "loszuwerden" um Platz zu machen.

>Ich hab den Eindruck, dass viel von der tatsächlichen Preissteigerung, die über die Inflation hinausgeht, an zusätzlichen Gebühren liegt, die von den Fahrschulen erhoben wird. 500 Euro Grundbetrag für die Theorie + 90 Euro für eine App finde ich schon heftig, denn da steckt maximal 1-2 Stunden Arbeit pro Fahrschüler dahinter. Die Gebühren von TÜV und Dekra mit 25 Euro für die Theoretische Prüfung und 130 Euro für die praktische Prüfung scheint mir auch relativ angemessen. Das die Fahrschulen aber 200 Euro dafür nehmen, jemanden zur praktischen Prüfung anzumelden kann ich hingegen nicht nachvollziehen.

Das wirkt in der Tat komplett drüber. Kurzrecherche ergibt allerdings dass auch die Fahrschule nochmal _zusätzliche_ Gebühren bei der Anmeldung entrichten muss. Wobei wir dann wieder beim Thema komplett bescheuerter Regulationen und aus dem Ruder gelaufenen Gebührenapparaten wären.

[https://www.adac.de/verkehr/rund-um-den-fuehrerschein/erwerb/fuehrerschein-kosten/#kosten-fuer-die-fahrschule]
Die Gebühr für die Vorstellung zur theoretischen Prüfung, also die Anmeldung durch die Fahrschule, kostet 60 bis 137, die zur praktischen Prüfung 160 bis 289 Euro.

lol?

>Die Kosten für die Fahrstunden kommen mir hingegen relativ günstig vor, 75 Euro pro Zeitstunde ist nicht so viel, wenn man bedenkt das noch das Auto finanziert werden muss und diverse Steuern und Abgaben bezahlt werden müssen. Handwerker rufen oftmals höhere Stundensätze auf.
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Kein Einspruch, komplett fair. Mehr als fair.

>Die Frage ist halt was man hier regulatorisch machen kann. Das die Fahrschulen die tatsächlich Kosten durch diverse Gebühren hochtreiben, ist halt durch den Gesetzgeber gar nicht so leicht zu ändern. Evt. könnte der Gesetzgeber hier den Wettbewerb stärken, indem er den Fahrschulen vorschreibt, statistischen Daten offenzulegen. Würden von allen Fahrschulen Daten wie Durchfallquoten, Anzahl der durchschnittlichen Fahrstunden und Gesamtkosten des Führerscheins offengelegt werden, würde es sicher mehr Druck geben dort effektiver auszubilden und es erschweren Kosten in Gebühren zu verstecken.
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Ich hab irgendwie dezente Zweifel dass sich Fahrschulen diesbezüglich absprechen und es keine intrinsische Regulation von Kosten durch die Konkurrenz gibt.
Allein wenn ich den Fragenkatalog für die theoretische Prüfung sehe, mit dieser absurden Anzahl an Fragen die dann auch noch so gebaut werden, als ginge es nicht darum Wissen aufzubauen und Wissen abzufragen, sondern darum die Leute mit Getrolle in die Pfanne zu hauen und ein sinnfreies Auswendiglernen ohne zu verstehen zu kloppen, sind für mich auch nur ein weiteres Indiz für die Selbstherrlichkeit von Regulatoren die vergessen haben dass das alles kein Selbstzweck ist sondern einen Auftrag verfolgt. Und das läuft dann genau aus dem Ruder wenn Ziele nicht definiert werden wie auch wenn nicht gemessen wird ob Ziele mit Maßnahmen erreicht werden und dann überdacht werden müssen. Immer lustig oben noch ne Schicht drauf und noch eine und noch eine, und irgendwann wundert man sich worum es überhaupt geht und warum alles so teuer und starr ist.

Deinen Transparenzvorschlag finde ich zwar grundsätzlich sehr gut, aber mein Bauchgefühl sagt halt, da liegt der Hund gar nicht begraben, und dementsprechend wäre in erster Linie noch mehr Verwaltungsaufwand generiert worden.

>Was man auch machen könnte, wäre nach wenigen Fahrstunden einen Probeführerschein auszustellen, mit dem begleitetes Fahren innerhalb bestimmter Grenzen möglich ist und so auch ohne Fahrlehrer Fahrpraxis gesammelt werden kann.

Das fände ich super und auch super sinnvoll.


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