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| Autor: | Zinkhal | ||
| Datum: | 06.08.25 12:35 | ||
| Antwort auf: | Re:Der Fall Ballweg von _bla_ | ||
>>Die U-Haft darf in einem funktionierenden Rechtsstaat nur bei klarer Beweislage und hinreichender Flucht- oder Verdunkelungsgefahr verhängt werden. Wenn nach so langer Haft am Ende faktisch kein substanzielles Urteil steht, wirft das grundsätzliche Fragen zur Verhältnismäßigkeit auf. Unabhängig davon, wie man zur Person Ballweg steht. > >Das finde ich jetzt eine etwas schwierige Aussage. Eine klare Beweislage lässt sich doch oft erst mit einem gewissen zeitlichen Aufwand herstellen, und wenn in dieser Zeit der Tatverdächtige frei rumlaufen dürfte, könnte er längst geflohen sein oder Beweise vernichtet haben. > >Und das Gericht entscheidet über Schuld und Unschuld und Untersuchungshaft ist keine Vorverurteilung. Rechtsstaatlich bedenklich finde ich eher die Verhältnisse in Japan, wo eine Untersuchungshaft praktisch immer zur Verurteilung führt. Das es Prozesse gibt, bei denen die Staatsanwaltschaft die Belege für Ausreichend hält, aber das Gericht am Ende dann „im Zweifel für den Angeklagten“ entscheidet, finde ich ebenfalls unproblematisch. Und sowas wie „na mindestens eine Verurteilung zweiter Klasse muss doch drin sein“ finde ich auch schwierig. Wenn in einem Mordprozess am Ende es zu keiner Verurteilung kommt, weil es am Ende des Prozesses die Beweise für eine Tatbeteiligung des Verdächtigen nicht als ausreichend angesehen werden, sagt man doch auch nicht: Na wenn nicht wenigstens eine Verurteilung wegen schwerer Körperverletzung 100% sicher drin ist, kommt U-Haft nicht in Frage. Da müssen sich vielleicht nochmal die Juristen zu äußern, aber ich persönlich würde eine U-Haft wegen eines mutmaßlichen Mordes oder schwerer Körperverletzung nicht mit einer U-Haft im Zusammenhang mit einem Wirtschaftsdelikt gleichsetzen wollen. Neben der Verdunklungsgefahr steht bei Kapitalverbrechen auch die Sicherheit der Allgemeinheit im Raum. Ich bin der Meinung, dass man bei Wirtschaftsdelikten in der Regel schneller zu belastbaren Auswertungen der Unterlagen kommt und damit auch eher beurteilen kann, ob der Vorwurf die Fortdauer der U-Haft rechtfertigt. Es stellt sich zusätzlich die Frage, ob die Staatsanwaltschaft personell ausreichend aufgestellt war. Wenn nein, darf dies zu Lasten des Beschuldigten gehen? Im Fall Ballweg gab es bereits im Vorfeld zahlreiche juristische Einschätzungen, die den Spendenbetrug als nicht tragfähig eingestuft haben. Trotzdem hat die Staatsanwaltschaft an der U-Haft festgehalten und der Richter ist dem gefolgt. Welche Motive dahinterstanden, kann ich nicht beurteilen. Ich halte es aber für möglich, dass der Verlauf bei einer anderen Person unterschiedlich ausgesehen hätte. Ballweg wurde medial wie auch juristisch faktisch vorverurteilt. So wenig ich ihn persönlich und moralisch leiden kann, das Gesetz muss darüber stehen. Genau das war der Punkt, an dem bei mir das Störgefühl eingesetzt hat. Rein subjektiv, klar. Ich habe im persönlichen Umfeld mehrere Fälle von Rechtsbeugung erlebt. Beruflich habe ich einiges zu den Cum-Ex-Verfahren mitbekommen. Dieses Urvertrauen in den Staat und insbesondere in die Justiz ist bei mir weg. Ich kann das nicht anders sagen. Und der Fall Ballweg passt da irgendwie in mein Bild. Ich gehe fest davon aus, dass die U-Haft juristisch nochmal aufgearbeitet wird. Ballweg wird da sicher tätig werden. Ich bin gespannt, was dabei rauskommt. |
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