| Adressat unbekannt |  |
Ist das Büchlein "Adressat unbekannt" (Address unknown) von Kressmann Taylor allgemein bekannt? Ich schäme mich fast, dass ich das erst jetzt gelesen habe.
Meine Schwiegermutter steckt mir oft irgendwelchen Schund zu, meistens Krimis und Co. Ich schaue sie dann an und sie schaut mich an und ich frage mich, für was für einen Lappen sie mich hält.
Manchmal will sie auch ganz gewitzt sein. Wenn wir eine Talkshow schauen oder dergleichen und ich anmerke, dass der Typ mit dem roten Irokesen-Schnitt zu diesem oder jenem Thema mit seinem Argument eigentlich durchdringen müsste, habe ich ein paar Tage später ein Buch von dem Kerl in der Hand. Einmal habe ich einen riesen Rant über US-Techanbieter gehalten und bekam dann ein Buch von einem Frank Thelen zugesteckt. Das Zeug landet meist ungelesen und unkommentiert in der Bucht. Ich sollte besser mit ihr über Sex oder Zen Buddhismus reden.
Nun hat Sie mir "Adressat unbekannt" in die Hand gedrückt und ich musste seufzen, als sie zum Inhalt nur meinte: "Dazu sage ich nichts, dazu kann man nichts sagen." Steht hinten auch so in einer Kritik der Deutschen Welle. Elke Heidenreich - ausgerechnet - hat auch noch ein Nachwort geschrieben, in dem sie die Frechheit hat, Dylan Thomas' "Do not go gentle into that good night..." zu zitieren. Eigentlich gleich ab in die Bucht.
Das Büchlein hat jedenfalls mit Nachworten nur 70 Seiten und ich habe mich dann ausnahmsweise erbarmt. Nach drei Seiten war mir klar, dass die kleine Geschichte verdammt viel taugt und ich habe sie dann auch gleich in einem Zug beendet. Ich bemühe diesen Spruch nur ungern, aber die Story ist aktueller denn je.
Man sollte wirklich nicht viel zum Inhalt verlieren, nur soviel: Zwei Geschäftspartner, ein Amerikaner und ein Deutscher, betreiben eine Kunstgalerie. Der Deutsche zieht 1933 zurück nach Deutschland und es entspannt sich ein Briefwechsel, der natürlich auch die politische Situation der Jahre und das Zersetzende einer Ideologie thematisiert.
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Warum ein so kurzes Buch mit so einer hohen Auflage 11 Euro kostet ist verwunderlich, aber ich möchte es dennoch empfehlen.