Antwort auf den Beitrag "Re:"Fake News" sind etwas anderes" posten:
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>Der Tagesspiegel ist bekannt dafür, in seinen Unterubriken abseits der seriösen Startseite in den vergangenen Jahren beim Aufbau seiner Texte zunehmend auf Smartphone-taugliches Clickbait zu setzen und seine kleineren Artikel für möglichst große Interaktion auf Social Media zu optimieren. > >Und wir besitzen doch beide genügend sprachliches Feingefühl, um zu wissen, dass "Igel vom Aussterben bedroht" trotz gleicher Länger die viel griffigere Überschrift ist als ein für viele Leser eher diffus und daher weniger dringlich klingendes "Igel potentiell gefährdet", und somit für mehr Klicks und Shares sorgen wird. > >Ersteres versteht und teilt auch Oma Erna bestürzt auf Whatsapp, letzteres nicht oder zumindest eher zögernd (ich spreche hier bildlich und von Wahrscheinlichkeiten im großen Maßstab). Muss das Prinzip wohl keinem Medienschaffenden hier erklären. Aber ersteres ist eben auch falsch, denn zwischen "vom Aussterben bedroht" und "potentiell gefährdet" liegen auf der Skala, auf die sich der Artikel und die Bewertung bezieht, ganze vier Stufen. Überschrift und tatsächliche Nachricht wiedersprechen sich hier also eindeutig, da kann es doch wirklich keine zwei Meinungen geben. > >Sich damit herauszureden, dass es später ja halbwegs aufgeklärt wird (wobei bei vielen Lesern, die nicht die Tabelle googlen, eher der Eindruck enstehen könnte, "vom Aussterben bedroht" und "potentiell gefährdet" seien quasi identisch), immunisiert m.E. nicht vor Kritik, denn Clickbait bleibt Clickbait. Auch wenn es um nichts großes geht bzw. eigentlich für eine gute Sache (Aufmerksamkeit für ein Problem schaffen). So arbeiten sonst vor allem Yellow Press und Rechte, und denen würden wir es auch nicht durchgehen lassen. Da wären Fronten und Argumente hier im Forum dann genau umgekehrt. > >Klar, hier geht es um nichts menschenfeindliches, und Hauptsache, für einen Mißstand ein bisschen öffentliche Aufmerksamkeit erzeugt! So whats the big deal? Mach doch nicht so ne Korinthenkackerei und gehe damit Rechten und Trollen wie DJS auf den Leim, Atlan! > >Doch, sehe ich anders. Dass man zugunsten von Klicks und Shares auf journalistische Genauigkeit und Präzision verzichtet, zumindest in Überschrift und Teaser, öffnet dem Derailing des Themas, wie von DJS betrieben, ja überhaupt erst das Tor. Und weil einige die Kritik am Artikel aus falschen Motiven betreiben, sehen andere sich dann reflexartig genötigt, den unsauber arbeitenden Artikel über Gebühr zu verteidigen und geringere Maßstäbe anzulegen, als sie es bei ähnlichen Methoden der Gegenseite täten (ich empfehle hierzu den Artikel zum My-side-bias, den Jassi weiter unten gepostet hat). Mittendrin ich, der auch Bösewichte verteidigt, wenn sie einen validen Punkt haben, und der an die eigene Seite immer höhere Maßstäbe setzt als an die Gegenseite, weil: when they go low, we go high! Und das eigentliche Thema, hier Umweltschutz, gerät vollkommen in den Hintergrund. Heutige Gesellschaft und Social Media in a nutshell. > >Und viele Artikel, schon lange nicht mehr nur auf rechten Hetzportalen, werden absichtlich so aufgebaut (Emotionalisierendes Clickbait in Überschrift und Teaser, mehr wird eh nicht gelesen, die differenzierte Realität dann irgendwo im Text), dass diese Mechanismen anschließend ablaufen. Nicht aus Boshaftigkeit, sondern wegen des lieben Geldes. Ja, der obige Artikel ist ein äußerst mildes Beispiel dafür, zudem auch nicht ganz eindeutig. Aber er geht in diese Richtung, und es sollte einfach immer das Motto "Wehret den Anfängen" herrschen und unsauberes entsprechend sofort kritisiert werden. Denn ich halte die omnipräsente und somit gesellschaftlich spalterische Clickbait-isierung nahezu aller Medien, auch der eigentlich seriösen, für das bedrohlichere Phänomen als die Minderheit tatsächlich vollkommen falscher Fake News.
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