Thema:
Test der DS-Version flat
Autor: Finn
Datum:23.11.10 07:55
Antwort auf:Sonic Colours / Endlich (wieder) ein gutes Sonic Spiel? von Jack Sparrow

Hier mein Testbericht für demolitionsquad.de
- [http://www.demolitionsquad.de/videogames/2010-051.php]


Alle Jahre wieder kommt nicht nur das Christuskind sondern auch ein gewisser blauer Igel rechtzeitig zum Weihnachtsgeschäft.
Warum Sonic Colours nicht nur ein bloßer Nachfolger der Rush-Vorgänger ist ...

Oh, ihr schönen Farben ...
Zunächst einmal kann man SEGA zum wohl farbenprächtigsten DS-Cover aller Zeiten gratulieren. Das muss man ihnen lassen. Nicht weniger bunt präsentiert sich dann auch das sehr rasante und atmosphärische Renderintro, welches bestens auf das bevorstehende Abenteuer einstimmt.
Hat man sich also den Schaum vom Mund gewischt und die Gliedmaßen nach dem epileptischen Anfall ob des wahnsinnigen Farben-Overkills wieder unter Kontrolle, wird man mit der absolut banalen Story konfrontiert. Denn drei Mal dürft ihr raten, wer Bauherr des neueröffneten intergalaktischen Vergnügungsparks ist? Wie sich nämlich herausstellt, sammelt niemand geringeres als Doktor Eggman - aus früheren Zeiten auch bekannt als Robotnik - fleißig die Bewohner des Planeten Wisp als Energiequelle für seine neuesten technischen Errungenschaften. Grund genug also für Sonic und Tails, dem Park einen Besuch abzustatten und die Wisps wieder in die Freiheit zu entlassen.

Here we go!
Natürlich kommt ein derart gigantischer Park nicht ohne Regeln aus und präsentiert diese in Form von Tutorials, in denen Tails über Sonics Grundfertigkeiten und schließlich auch über die besonderen Kräfte der verschiedenfarbigen Wisps aufklärt.
Da dieses Move-Repertoire mit der Zeit stetig wächst, leuchten aber auch in den Levels selbst Button-Kombinationen und Hinweise auf den Gebrauch der Wisps auf, sodass man nie wie ein Ochse äh Igel vor dem Berg steht.
Ist man nun mit Spindash, Mauersprung und Boost vertraut, beginnt die Reise durch sechs thematisch unterschiedliche, detailliert gezeichnete Welten mit je zwei Akten plus Obermotz. Vom Eingangsbereich Tropical Resort geht es in den Sweet Mountain, der den Verdacht erweckt, es nicht mit Doktor Eggman sondern Doktor Oetker zu tun zu haben, den glitzernden Starlight Carnival, Planet Wisp und durch den asiatisch angehauchten Aquarium Park - quasi das Quoten-Unterwasserlevel mit dem Blubb, während schließlich noch der schaurige Asteroid Coaster und die Hatz zum Ausgang vom großen Showdown mit dem Doktor trennen.
Der Weg dorthin ist zunehmend beschwerlich und mit zahlreichen stimmigen Gameplay-Elementen gepflastert, jedoch stets absolut fair und hervorragend ausbalanciert. Im Gegensatz zu den beiden Rush-Vorgängern verzeiht das Leveldesign dabei so manchen Fehler und schickt bei missglückten Manövern statt in den Abgrund auf alternative Routen. Zudem macht es einfach Laune, gigantische Riesenräder in Bewegung zu versetzen, sich als Teil von Pfeil und Bogen abschießen zu lassen oder sich an Igelpopo-fressenden Stahlgebissen vorbei springend und rennend sowie Wände durchbrechend seinen Weg zu bahnen. Dabei sorgen Loopings, Rampen, Schienen, Sprungfedern und Beschleuniger wie gewohnt für ordentlich Tempo, das sich mit geschickten Platforming-Einlagen abwechselt.

Wisp-Würze
Bis dato also bewährtes Sonic-Gameplay, aber hier kommen die Wisps ins Spiel. Sind diese einmal aus ihren kreuz und quer verteilten und teilweise gut versteckten Gefängniskapseln befreit, transformieren sie den Igel auf Knopfdruck für begrenzte Zeit entweder in einen Feuerball, eine Rakete, einen Laser oder eine alles um sich herum verschlingende Wolke sowie einen Bohrer. Aber gerade letzterer lässt sich dann doch recht schwammig steuern und so passiert es nicht selten, dass man unterirdisch unfreiwilliges Pingpong spielt. Entleert sich dabei auch noch die Wisp-Anzeige auf dem Screen, ist man auch schon ein Leben los. Wer dagegen mit dem Laser-Wisp gut zielt, hat halb gewonnen - denn wer im Physikunterricht aufgepasst und seinem Vordermann nicht bloß Papierkügelchen in den Nacken geblasen hat, weiß: Einfallswinkel gleich Ausfallswinkel und so eröffnen einige der sechs bunten Kerlchen enorme Abkürzungen.
Dies verschafft wiederum zahlreiche Boni wie zum Beispiel Extraleben aber auch immense Zeit- und somit Punktvorteile, denn am Ende eines Aktes wird in einem Rangsystem knallhart abgerechnet. Hier punktet nur, wer die passenden Wisps und Routen gefunden hat.
Hat man zusätzlich mindestens 50 Ringe trotz Stachelfallen und zumeist fair platzierter Gegner ins Ziel gerettet, darf man sein Glück in einer Halfpipe versuchen und mit Stylus und Geschick die vorgegebene Anzahl farbiger Orbs einsammeln. Flinke Finger werden mit einem der sieben Chaos-Emeralds belohnt. Sackt man alle ein, wartet eine hässliche "Überraschung" auf Sonic - hässlicher als all das, was RTL nachmittags in seinen Family Dokusoaps versendet. Bis man hier aber vollends erfolgreich ist, braucht es mehrere Anläufe, weswegen man zurück in die Levels muss - was sich aber durchaus lohnt. Erhält man nämlich im Verlauf der Geschichte einen neuen Wisp, sollte man einmal schauen, welche bis dato unzugänglichen Routen jetzt erreichbar sind - was den Widerspielwert enorm erhöht und trotz des recht geringen Umfangs entschädigt. Die traurige Gewissheit: Nach etwa drei Stunden reiner Nettospielzeit ist man nämlich auch schon durch.
Die Jagd nach gut versteckten roten Ringen und neuen Highscores im Ranking-System, knifflige Missionen mit einer Portion Taktik sowie ein kurzweiliger Zweispielermodus samt kleiner Gemeinheiten, während man sich gegenseitig mit Items aussticht, sorgen aber dafür, dass man die Cartridge immer wieder gerne in den DS-Slot steckt.

Wirklich ein Vergnügungspark
Obwohl Sonic Colours seinen Rush-Vorgängern optisch und akustisch recht ähnlich ist, macht es seine Sache deutlich besser. Das Leveldesign ist größtenteils originell und bietet genügend Abwechslung, den Spieler bei Laune zu halten.
Die einzelnen Stages gestalten sich detailliert und Sonic-typisch farbenfroh und glänzen mit ausgeklügelten 3D-Einlagen. Das überarbeitete polygonale Sonic-Modell sowie die optisch imposanten Bossfights schlagen ebenfalls in diese Kerbe.
Dazu wartet Colours mit vergleichsweise ausgedehntem Platforming auf, das den Mega Drive-Originalen erstaunlich nahe kommt, die allerseits verhassten "bottomless pits" aber weitestgehend auslässt. Dies dürfte auch zukünftigen Igel-Abenteuern hohe Wertungen bescheren.
Die stets passende, teilweise orchestrale akustische Untermalung trägt darüber hinaus zum positiven Gesamteindruck bei.
Leider jedoch trennen das noch etwas unausgereifte Wisp-Gameplay, die grenzdebile Story und der geringe Umfang vom heißbegehrten fünften Stern.

4 aus 5


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