Thema:
Nioh flat
Autor: Sockenpapst
Datum:10.08.17 13:04
Antwort auf:"Ich zocke gerade" Thread Nr. 24 von wantan

Und ich muss sagen, meine anfängliche Begeisterung fängt langsam an zu bröckeln:

Das Spiel lebt vollständig von seinem absolut überragenden Kampfsystem. Dieses ist schnell, präzise, variantenreich und dennoch eingängig. Meine größte Sorge im Vorfeld war, dass hier durch diverse jederzeit nutzbare Waffen, verschiedene Kampfhaltungen und zuweisbare Spezialmanöver ein Monster geschaffen wurde, das zwar für Fingerakrobaten ein wahres Fest darstellt, mich und meine Gichtklauen aber heillos überfordert. Das ist aber glücklicherweise nicht der Fall, auch mit der Konzentration auf Blocken, Ausweichen und wenige, einfache Combos fühle ich mich als göttlicher Übersamurai. Ein so gutes Gefühl beim Schnetzeln hatte ich zuletzt bei... Ninja Gaiden (1)? Auch Bloodborne kommt da nicht ansatzweise mit.

Zudem ist hier auch die Kamera in 99% aller Fälle schlicht hervorragend, und 60 FPS waren selten so wertvoll. Das Spielgefühl trägt wirklich alles...

...und langsam aber sicher wird das zum Problem:
Ich bin jetzt zu gut 2/3 durch , und es stellt sich schon eine gewisse Ermüdung ein. Im Vergleich zu den ganzen From Software-Sachen fehlt es mir insbesondere an einer gewissen Atmosphäre - die Level sind weitgehend belanglos bis schon beliebig, der Sound erzeugt wenig Stimmung, und die Story, äh, keine Ahnung, ich klicke die lahmarschigen Sequenzen fast ausnahmslos weg. Obwohl die Settings in der Theorie interessant und abwechslungsreich sind, wird praktisch gar nichts daraus gemacht. Irgendwie fühlt sich das Game viel kleiner an als es das offensichtlich will, und auch sehr sehr "videospielig".

Spielerisch zehren die immer gleichen Gegner an der Motivation. Ich empfinde dabei weniger ihre absolute Anzahl als ermattend, als vielmehr die Tatsache, dass der gleiche Gegnertyp aus dem ersten Level genau so viele Schläge im letzten aushält und unverändert tödlich ist, trotz zwischenzeitlich viel besserer Ausrüstung und 80 Leveln mehr. Ich hasse mitlevelnde Gegner (Begriff trifft bei Nioh nicht völlig, ich weiß) sooo sehr. Leider sind zudem die Bosse erstaunlich abwechslungsarm und unspektakulär designed; sehr viele Taktiken wiederholen sich doch deutlich. Allerdings kann ich die öfter mal gelesene These, die Bosse würden kontinuierlich einfacher, für mich nicht bestätigen, der Boss von Kapitel 13 hat mich fast in den Wahnsinn getrieben.

Spielerisch unglücklich finde ich zudem, wie viele Gegner One-Hit Kills draufhaben oder zumindest Attacken, die mal eben 80% und mehr der Energieleiste wegcocken. Da ich aufgrund meines etwas behäbigen, blocklastigen Stils anfänglich die Traglasten ordentlich gepimpt hatte, laufe ich regelmäßig mit der schwersten zur Verfügung stehenden Rüstung rum, und es bringt - nichts. Da fühle ich mich schon dezent verarscht, bin aber gleichzeitig noch nicht genervt genug, um komplett umzuskillen. Mal schaun, wie sich das noch entwickelt.

Naja, insgesamt wird die Motivation zum Durchspielen und für ein insgesamt gutes Fazit wohl reichen, aber im persönlichen GotY-Rennen sehe ich Nioh jetzt, anders als nach den ersten 3, 4 Leveln erwartet, nicht mehr.


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