| F1 2017 |  |
Und genau deshalb ist das Spiel so klasse:
Ich fahre für Renault. Ein Mittelfeldteam, ich lande üblicherweise hinter Mercedes, Ferrari und Red Bull. Das war auch die Kalkulation für dieses Qualifying, 7. Platz. Gut, kann ich also nicht mithalten, dann mache ich Q2 mal auf Risiko mit Soft statt SuperSoft, mehr als Q3 verpassen wird schon nicht passieren. Ich qualifiziere mich als 4. auf den Soft, weil die Streckentemperatur sinkt. In Q3 warte ich dann extrem lange mit meinem Stint. Die Runde wird schließlich immer schneller. Dann gehts los, kein Verkehr, 5 km volle Konzentration. Jede Kurve sitzt (auch dank 20 Runden im Practice). Ich habe vorerst Pole. Aber jetzt haben alle anderen noch eine Runde. Ich warte. Und warte. Geschafft, 7 Tausendstel vor Vettel hole ich meine erste Pole.
Rennstart. Ich entscheide mich für eine konservative Strategie, erst auf meinen Softs, dann auf die Medium. Am Start werde ich von Bottas und Vettel in die Zange genommen, sie fahren links und rechts vorbei. Beim Einlenken in die erste Kurve touchiert Bottas Vettel, der dreht sich raus, nimmt meinen halben Frontflügel mit. Hamilton zieht an mir vorbei. Na prima, zwei Mercedes in Front, hinter mir lauert nun Ricciardo. Aber so leicht gebe ich meine Chance auf den Rennsieg nicht her. Ich beiße, ich kämpfe, Zehntel um Zehntel knabbere ich von Bottas, der mittlerweile von Hamilton kassiert wurde, ab. In Runde 4 ziehe ich vorbei. In Runde 6 geht Hamilton an die Box. Mein Stopp ist erst für Runde 11 geplant. Aber die Reifen sind schon ziemlich hin. Ich spüre, dass mein Bremsweg länger wird und bin froh, im Setting auf Abtrieb gegangen zu sein. Ich muss nur Ricciardo hinter mir halten, der auf der gleichen Strategie zu sein scheint. Also muss ich da durch. In Runde 9 fängt es an, leicht zu regnen. Könnte das meine Chance sein?
Ich zweifle. Der Regen soll mindestens 20 Minuten andauern, meine Reifen sind fertig. Ich muss an die Box, aber was nehme ich? Die geplanten Medium oder doch direkt Intermediates. Ich wähle Letztere. In Runde 11 merke ich, dass ich noch sehr fix unterwegs bin trotz Regen. Doch dann Durchsage der Boxencrew, sie wollen mich mit Intermediates fahren lassen. Dann scheint meine Wahl doch vernünftig zu sein. Ich hole noch eine weitere Runde raus und komme an die Box, Ricciardo schon eine Runde zuvor. Als ich nach kurzer Standzeit wieder rausfahre rauschen die beiden Mercedes an mir vorbei. Jetzt gilt es, wann sind die Intermediates besser als deren Soft? Das Auto gibt mir sofort eine Antwort. Ich krebse über die Strecke und verliere 15 Sekunden pro Runde. Nach zwei Runden bin ich von Platz 3 auf 11 durchgereicht. Und selbst wenn es jetzt nochmal richtig regnen sollte, meine Reifen sind schon zu 30 % abgenutzt. Zu wenig Wasser auf der Strecke. Und jetzt? Mein Teamkollege zieht an mir vorbei. Ich realisiere, dass ich keine Wahl habe. Ich muss nochmal reinkommen und mir andere Reifen holen. In Runde 16 komme ich erneut an die Box. Strategie komplett im Eimer, statt einen Stopp weniger als der Rest mache ich nun einen mehr. Ich gehe das Risiko ein und setze auf frische SuperSoft. Die sollten mich mit etwas Vorsicht ins Ziel bringen. Da meldet sich die Verbrauchsanzeige. Ich bin im Minus. Jetzt auch noch Sprit sparen. Ich komme als 18. und Letzter aus der Box, 8 Sekunden zurück.
Aber jetzt kann ich meine Reifen richtig nutzen. Ich schalte gedanklich um auf Quali, jede Runde zählt. Bald bin ich direkt hinter Vettel, der sich wohl nie erholt hat vom Crash zu Rennbeginn. Ich ziehe vorbei, nachdem er einen kleinen Fehler macht. Mittlerweile hat es aufgehört zu regnen. Auf der Geraden bin ich chancenlos gegen Vettels DRS-Konter, aber er bremst auf seinen älteren Reifen früher, ich schlüpfe wieder durch. Dann arbeite ich mich an den 16. heran. Noch fünf Runden zu fahren. Vor mir hält Ocon eine Dreiergruppe auf. Nur rankommen, und dann ... gesagt, getan. Ich sauge mich an den Zug, meine frischen Reifen sind auf der langen DRS-Geraden ein Bremstraum. Ich ziehe an drei Autos gleichzeitig vorbei. Ich bin 13. Ocon ist auch kein Problem. 12. Noch zwei Runden. Magnusson ist der nächste. Ich überhole ihn vor Start/Ziel. Zwei Autos vor mir, aber zu weit weg für die letzte Runde. Ich finde mich mit dem Ergebnis ab. Plötzlich gelbe Flaggen. Und dann zwei Autos neben der Strecke, ich bin 9. Ja was geht hier denn ab? Hamilton gewinnt das Rennen ungefähr eine Minute vor mir. Mein Teamkollege holt den vierten Platz, das Podest wäre hier für mich möglich gewesen. Aber ich hatte ein geiles Rennen.
In jedem anderen Rennspiel hätte ich vorher abgebrochen und neu gestartet. Aber bei F1 ist egal, wie verrückt dein Rennen verläuft, am Ende kommt es auf konstantes Fahren und Entwickeln über eine oder mehrere Saisons an. Natürlich werde ich in dieser Saison nicht Weltmeister. Aber warum auch? Vorne wegzufahren macht eh keinen Spaß. Es gibt kaum ein Rennspiel, wo neunte Plätze befriedigender sein können als erste.