Thema:
So, nach 100 Stunden mal ein Review, Spoiler markiert flat
Autor: lichtschalterer
Datum:24.01.21 17:40
Antwort auf:Cyberpunk 2077 — 5th Element von Karotte

Vorab: Ich habe jetzt 76 Stunden mit meinem Hauptcharakter Streetkid weiblich, 25 Stunden mit meinem gemeinsamen Charakter Nomade männlich, den meine Freundin und ich erstellt hatten, als ihr PC abgeraucht ist, und sie sich gelangweilt hatte, sowie hin und wieder circa 2-3 Stunden ihren weiblichen Konzerner, wenn es für sie zu haarig wurde in manchen Kämpfen oder Autofahrten.

Ich zocke auf einer XSS, sie zockt auf einem Gamer PC.

Ich strukture mal nach Themen:
Bugs
Gameplay
Gameplay Mechaniken
Grafik
Immersion und Story
Entscheidungen
Schwachstellen

Bugs:
Gamebreaker Bugs, im Sinne von, dass das Spiel unspielbar wurde für immer hatten wir beide nicht.
Restart Bugs hatte ich circa 5.
2x hatte sich das Missions Auto verkeilt, nachdem ich unabsichtlich einen Unfall gebaut hatte, 3x hab ich meinen Char in eine nicht mehr manövrierfähige Situation gesprungen.
Grafik Glitches hatte ich erst später, wenn ich die hochgezüchteten Wagen gekauft hatte, und die Stadt nicht schnell genug nachlud.
Ich habe 2 Steuerungsbugs, die ab und an erscheinen, die ich aber durch Wechsel zum Inventar und wieder zurück (die rechte Menütaste auf dem Xbox Controller) wieder fixen kann. 1x wenn ich aus dem Wagen aussteige, kann ich manchmal nicht mehr rennen, oder wenn ich im Kampf eine Waffe neu ausrüste kann ich ab und an nicht anvisieren und schießen. Das passiert aber recht selten.

Mehr Bugs sind mir eigentlich nicht untergekommen bis jetzt. Texturglitches sehe ich nicht als wirklichen Bug an. Die passieren aber auf den genannten Geräten auch recht wenig, so dass es mir nicht so auffällt.


Gameplay:

Die Wagen/Motorräder Steuerung ist super, am Anfang sind die Autos noch sehr ungewohnt zu händeln, das liegt aber auch daran, dass es größtenteils schlechte Wagen sind. Das Motorrad Apollo Scorpion ist schon deutlich besser als Jackies Arch und später gekaufte oder belohnte Wagen sind deutlich besser als der eigene Wagen, bzw die eigene Wagen, wenn man als Nomade anfängt.

Zu Fuß ist es auch wunderbar, zumindest wenn man die Steuerung ein wenig anpasst, ich habe es halt wie in den Egoshootern den ich spiele, das um die eigene Achse drehen etc um einiges höher gestellt. Was mir gefällt, dass die Mechanik Gehen, Laufen, Rennen, Schleichen wirklich immer gut greift und alles zusammen funktioniert bzw. im Spiel benötigt wird.

Cyberware Mods fürs Springen für 45.000 Eddies ist imo wichtig allerdings, um auch alternative Wege zu finden und zu nutzen.

Gameplay Mechaniken:

Imo greifen die super ineinander. je höher man sich levelt, umso besser und vielfältigen erscheinen die Möglichkeiten. Sei es mit Mantisklingen und Katana durchzuschnetzeln, Stealth und Quickhacks zu nutzen, wie eine Kampfmaschine reinzudonnern oder einfach alles gemeinsam zu tun in einer Mission um den bestmöglichen Weg für einen zu finden.
Meine Vorgehensweise ist mittlerweile Breach, Ping, Angriffsquickhacks (wenn kein gegnerischer Netrunner vorhanden ist), und dann wahlweise erst Stealth oder direkt rein. oder halt komplett Stealth, selbst in Missionen, die es nicht erfordern.
Für alles kriegt man unterschiedliche Exp und levelt so immer weiter. Finde ich super und fördert dass man immer wieder andere Herangehensweisen durchprobiert. Zumal die Levelarchitektur dies später so oder so erfordert.

Gunplay fühlt sich gut an, stark ähnlich zu COD MW und hat ordentlich Rumms, ich habe per Zufall eine richtig geile "Halo Pistole" gefunden, also eine Pistole mit Overkill Schaden. Ansonsten nutze ich gerne und ein Tech Präzisionsgewehr. Für die ganzen Cyberpsychos nutze ich immer eine modifizierte nichttödliche Schrotflinte. Hier muss man aufpassen, keine Waffe mit extra Thermalschaden etc auszustatten, weil man dann trotzdem den Cyberpsycho tötet.
Die Waffenauswahl ist immens und vielfältig und für jeden Geschmack was dabei. Dazu kann man auch diese noch modden und pimpen, je nachdem welche Items man dazu findet oder Itemschemata herstellt.

Die Ausrüstung sieht anfangs bescheiden aus, allerdings findet man später imo stylische Kleidung, und irgendwann habe ich auch angefangen, meine Lieblingskleidung einfach mit Itemkomponenten upzugraden und neuere zu zerlegen oder zu verkaufen. Vor allem spätere Waffen kann man gut für 1000 Eddies verkaufen und man gelangt so schnell wieder an Geld. Datamining ist da auch recht wichtig.

Das Hacken mit den Zahlencodes macht imo auch Spaß und ist nicht übertrieben kompliziert, aber auch nicht langweilig. Für mich zumindest. meine Freundin mag das nicht sonderlich. Ich sehe es als angenehme Abwechslung und es ist ja auch nicht zwingend notwendig außer im Breach.
Die Auslösung der Quickhacks ist angenehm einfach gehalten.

Grafik:

Grafik ist ein Brett imo. So gut wie alles ist hochauflösend und es macht auch nach 70+ Stunden immer noch Spaß irgendwo stehen zu bleiben und sich die Architektur anzusehen, die Graffitis durchzulesen, die zig Werbe und Newssendungen anzusehen, letztere verändern sich auch nach und nach im Spielgeschehen.
Rush Hour morgens auf dem Highway ist auch wahnsinnig cool, wenn zig Autos auf der Straße sind und man es echt schwer hat mal zu überholen, weil einfach die Autobahn verstopft ist.
Auch die vielen unterschiedlichen Passanten, die auf einen reagieren, die vielen Gegenstände, die man zerschießen, umfahren, zerstören kann, tragen dazu bei, dass es nicht nur eine Kulisse ist. Es ist schade, dass einige Türen nicht zu öffnen sind, allerdings kommt da immerhin eine Meldung "Tür verschlossen" und wirkt dadurch weniger wie eine Fassade/Grafikplatte. Und für mich ist es auch sinnig, da es eben nicht ein GTA sein will, sondern eine Welt simulieren will, und hier in der realen Welt geht man ja auch nicht an jede Haustür und geht da rein und schaut sich fremde Wohnungen einfach so an.

Die Grafikoverlays beim Hacken, die Blendeffekte der Optik, allgemein die Computeroptik finde ich super, zumal ich mir das auch immer so vorgestellt habe in Hardwired und Neuromancer (beide sollte man übrigens mal lesen, wenn man Cyberpunk mag) ^^

Damit komme ich zur Immersion und Story:

Die Story gefällt mir sehr gut, die Hauptcharaktere und Nebencharaktere, sowie sogar Mini-Nebencharaktere haben genügend Persönlichkeit und interagieren plausibel mit einem/dem Protagonisten V. Gestik und Mimik passen zur sprachlichen Ausdrucksweise und habe ich in der Form in nur wenigen Spielen bisher erlebt. Das heißt wenn jemand ausrastet, dann steht er nicht wie eine Videospielmarionette rum, sondern fuchtelt eben wie ein "Mensch" dabei herum. Die Stimme bebt auch, was man besonders gut bei Panam erlebt, aber auch Nase-rümpfende Tonschwankungen hört man heraus. Die Grafik unterstützt dabei zusätzlich, wenn man den weiter hinten stehenden Johnny beobachtet, der die Augen rollt und das als einziger Kommentar ausreicht.
Die Weltimmersion greift stark auch in den zahlreichen Nebenmissionen, manche sind humorvoll, wie zum Beispiel der Typ mit dem -Problem, andere sind gefühlvoll oder traurig. kleine blaue NCPD Missionen können zu gelbe Nebenmissionen werden und überraschen dadurch hin und wieder.
Auch die Romanzen hören nicht einfach auf nach der Liebesszene, sondern immer wieder tauchen Nachrichten und damit Chatgespräche mit den jeweiligen auf. Wenn man nach mancher Hauptmission die Romanze besucht, hat sie auch ab und zu was dazu zu sagen.
Meine Freundin hatte gar ein schlechtes Gewissen bei einer folgenreichen romantischen Entscheidung mit River :D

Entscheidungen im Spiel, selbst in kleiner wirkenden Nebenmissionen haben allerdings ansonsten oftmals Auswirkungen ins Spielgeschehen. Je nachdem wie ich mich in Pacifica entscheide, jagen sie mich, bekämpfen sie mich oder ich bin unantastbar (nach der Hauptmission). Je nachdem, ob ich Streetkid, Nomade oder Konzerner bin ändern sich die Reaktionen der NPCs oder Reaktionsmöglichkeiten von mir ihnen gegenüber. Je nachdem welchen Level ich in spezifischen Skills habe, kann ich andere Entscheidungen bei Missionen wählen oder muss mit den Standardentscheidungen vorlieb nehmen. Wobei auch dort die Auswahl (neben)storyentscheidend ist. Natürlich gibt es nur 5 Spiel-Enden, aber wie die Umwelt auf einen reagiert, kann man schon ganz gut beeinflussen.

Meinen Hauptchar habe ich mehr freundlich auf Johnny und den Rest ausgespielt. den Nomaden spielen wir sehr arschig allen gegenüber und es unterscheidet sich. Aber selbst in kleineren Abweichungen in den Spielentscheidungen, die meine Freundin und ich unterschiedlich tätigen, wirkt sich das im Spielgeschehen aus.
Das macht unheimlich Spaß und man nimmt sich wirklich Zeit und überlegt, wie will ich handeln..., wenn nicht grad eine schnelle Antwort ala Quicktime Frage erfolgt. Die sind zum Glück sehr sehr selten ins Spiel eingeflochten.
Die Hauptstory wird auch durch die Nebenmissionen vertieft. Es gibt ein paar optionale Nebenmissionen, die nicht zum Beenden des Spiels benötigt werden, aber die die Charaktere persönlicher bzw. deren Lebensentscheidungen in ihrer Vergangenheit oder wie sie jetzt handeln, verständlicher erscheinen lassen.
Zudem Nebenmissionen triggern auch bei manchen Charakteren, wo man alle Gesprächsmöglichkeiten schon erfasst hat, neue Gesprächsoptionen, manchmal mit einem Hinweis von Johnny, die Person nochmal aufzusuchen, manchmal auch ohne. So macht es Spaß, hin und wieder die Leute wieder anzutreffen.

Ich finde insgesamt auch nach 100 Stunden immer wieder Kleinigkeiten, die mir auffallen, was ich eher weniger in Spielen habe. Die Welt ist gespickt mit Details.
Der Soundtrack ist übrigens auch super, neben den perfekt ausgesuchten Inhalten der Radiosender, passt der stimmungsvolle oder/und antreibende Score zu den jeweiligen Situationen. Auch die Musik und Soundeffekte der jeweiligen Stadtbezirke, Märkte, Bars, Clubs und Kneipen setzen die Szenen in eine passende Stimmung ohne auf Dauer zu nerven.
Fett fand ich in einer späteren Mission was imo stark an Matrix und Blade 2 erinnerte.

spielerische Schwachstellen
Was ich leider schade finde, ist, dass man nicht zu einem Friseur oder so gehen kann, die Optik und Genderanpassung am Anfang ist zwar super beträchtlich und vielseitig. Aber Frisur oder Haarfarbe oder anderes kosmetische wie Tattoos hätte man schon gern ins Spielgeschehen packen können.
Oder wie meine Freundin auch meinte "man kann voll die Cyberimplantate bestücken, aber eine Nasenkorrektur ist leider nicht möglich" (Sie hatte sich die falsche Nase bei ihrem ersten Charakter ausgesucht)
ein paar mehr Interaktionen in der eigenen Wohnung wären cool gewesen, wobei ich da auch nicht weiß, was ich mir darunter vorstellen könnte. Aber nur Fernsehen, Nachrichten lesen, schlafen, duschen, in Spiegel schauen und ein Lager, was ich noch nie verwendet habe, ist irgendwie wenig für ein Zuhause. Vielleicht mehr Möglichkeit die jeweilige Romanze dahin einzuladen oder Freunde dahin einzuladen wäre cool gewesen.
Zwar hat man die Freunde und Romanzen in ihren jeweiligen Zuhause, was dann auch zu einem "Zuhause" wird, aber es ist ja was anderes als "die eigene" Wohnung.

Eine Beschriftung in der Karte, wo welcher wichtiger Club, Bar, Haus, Penthouse, Hotspot zu finden ist, wäre hilfreich gewesen. Vor allem im Innenstadtbereich gibt es immer noch Situationen, dass ich mich verfahre bzw. über die Schnellreisefunktion ich mit dem Mausover lange suche, bis ich den richtigen Ort gefunden habe.


neutral stehe ich zu den Innen-Bereichen, die man begehen kann. Klar, mehr wäre immer schöner, besser, cooler. Auf der anderen Seite ist es auch verdammt viel jetzt schon, vor allem im späteren Spielverlauf, und ich habe auch jetzt immer noch nicht jede Ecke der Karte vollends inspiziert (ja durchgefahren, aber zu Fuß angeschaut, habe ich noch nicht alles, und meist entdeckt man echt dabei etwas).

Fazit:
Insgesamt bin ich sehr, sehr zufrieden mit dem Spiel und werde noch ein paar Mal es durchspielen, sobald ich das erste Mal wirklich durch bin.
meine Freundin hat jetzt schon 1x ein Spiel-Ende erspielt und hat heute neu gestartet als weiblicher Streetkid. Insgesamt war es auch lange nicht mehr so, dass wir uns gegenseitig vom gleichen Spiel soviel zu erzählen haben oder reinkommen in den jeweils anderen Raum mit "oh, da kommt eine Mission in XY, die musst du unbedingt machen!".

Sie hatte das erste Mal Spiel-Ende mit Level 29 und Geld genug gehabt für 2 Zusatz Wagen.

Ich bin jetzt Level 39 und habe insgesamt 11 Wagen bis jetzt. Aber ich will auch erst alle Missionen gespielt haben, ehe ich mich ans Spiel-Ende dran setze. Und das wird noch eine Weile dauern. ^^


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