Thema:
Ein erstaunlich cooler Titel flat
Autor: token
Datum:09.02.21 14:59
Antwort auf:Bugsnax Bugsnax Bugsnax von phaxy

Erstaunlich finde ich es deswegen weil es von den Machern von Octodad kommt.
Da ich das kannte, hätte ich hier eher einen netten aber auch total egalen Indie erwartet.
Bugsnax ist deutlich mehr als das.

Es ist ein ziemlich cleverer Titel dessen Finessen und Freiheitsgrade mich über Maß positiv überraschen. Ich würde sogar so weit gehen zu behaupten dass Bugsnax es schafft die Zugpferde alter LucasArts-Adventures in Sachen absurd komisches und dennoch logisches Rätseldesign mit freiem Spiel und eigener kreativer Kombinatorik zu verbinden. Beim klassischen Adventure hat man ja genau eine Lösung gehabt, bevor man diese gefunden hatte man aber auch andere kuriose Ideen was auch funktionieren könnte. Bei Bugsnax ist es dann so dass diese Art Ideen auch funktionieren können und es nicht "die eine" Lösung gibt.
So verbindet das Spiel die Anreize humorvoller Logiken mit Freiheitsgeraden beim Spieler wenn er diese selbst erfindet und einsetzt.

Das ist alles sehr theoretisch und wird klarer am praktischen Anschaubeispiel.
Nehmen wir mal zwei einfache Werkzeuge die man hat.
Zum einen die Falle, diese stellt auf den Boden und kann diese per Fernsteuerung zuschnappen lassen um einen durchlaufenden Käfer zu fangen.
Und wir haben eine Schleuder mit der man unterschiedliche Saucen verschießen kann, sei es etwa Ketchup oder Mayo.
Jetzt gilt es einen kleinen Käfer zu fangen. Dieser Käfer ist richtig fickrig auf Ketchup. Also kann man das Prinzip Mausefalle anwenden, das Lockmittel ist in dem Fall der Ketchup statt dem Käse, man schießt die Falle mit Ketchup an, der kleine Käfer wird voll hot auf den Snack, läuft rein, schnapp.

Im Areal läuft aber auch ein großer Käfer rum, dieser ist total geil auf Mayo. Wir können nun den kleinen Käfer mit Mayo anschießen, der große Käfer rastet aus weil er das weiße Gold snacken will, stürmt auf den mit Mayo besprenkelten Käfer zu, rammt diesen, das betäubt den kleinen Käfer und wir können ihn aufsammeln.

Bugsnax etabliert hierbei wesentliche Kernprinzipien, stellt seine Werkzeuge in kleinen in Aufgaben gekleidete Tuturials vor, und zeigt so einfache Kniffe der Spielmechanik. Es zeigt einem solche Basics wie auch einfache Kombinatoriken solcher Basics, zieht sich dann aber auch schnell im Vorkauen zurück und überlässt dem Spieler und seinem Erfindungsgeist das Feld.

Das Spielerlebnis ist entsprechend befriedigend wenn die Pläne die man sich zurecht legt funktionieren, im späteren Verlauf hält sich das Spiel bei Kombinationsprinzipien von Werkzeugen auch angenehm zurück und lässt einen durchaus auch paar kombinatorische Basiskniffe selbst entdecken.

Im Gesamtbild ist das echt töfte und gesamtmechanisch überraschend gewitzt.
Eine Art Spiel die man klassisch eher von Nintendo erwarten würde.

Es ist auch nicht alles Gold. Gerade an der Technikfront bleibt bisserl was liegen. Bugsnax schafft es selbst auf der PS5 und seiner einfachen Bumsgrafik Framedips zu erzeugen, keine Katastrophe, aber deutlich häufiger als einem lieb sein kann. Was halt echt kurios ist, weil optisch reißt der Titel wahrlich keine Bäume aus. Wo wir gerade bei Technik sind, kleiner Hinweis, in den Optionen ist ein FoV-Regler, den hochdrehen, die Standardeinstellung ist Pferd mit Scheuklappen wie Scheunentore.
Ein weiterer Punkt, die Welt ist recht überschaubar und hängt zusammen, hat aber diverse Übergänge wo es in einen Ladescreen geht. Auch kein Dealbreaker, aber eher erstaunlich sowas auf so einer Hardware zu sehen, das hatte ich zuletzt bei...Anthem :D
Der Humor ist ganz süß und nervt nicht groß, aber er lässt auch bestenfalls kurz schmunzeln, die Story, die Figuren, die Dialoge, die Geschehnisse, die kleinen Plots der Bewohner, ist ja ganz nett, aber auch keinen Deut mehr. Wirklich witzig ist das nicht, eher ein angenehmer Kontrast zu den üblichen Blutbädern. Okay, eine Sache ist doch verdammt witzig, nämlich dass die Tierlaute der Käfer ihre Namen sind, das ist so herrlich blöde, da kriegt's mich.
Und in Sachen Spieltempo braucht es auch ein kurzes Weilchen bis man aus dem Quark kommt, und hat auch da immer wieder kleine Längen drin.

Die Stärken des Titels kommen genau dort zum Tragen wo der Spieler einen Käfer fangen möchte, herumexperimentiert und sich dann immer länger werdende Logikketten ausdenkt.

tl;dr:
Das Girlfriend Review bringt die Stärken des Spiels gewohnt super und treffsicher rüber:
[https://www.youtube.com/watch?v=j9BulZpj0Zk]


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