Thema:
Ach, Jungs flat
Autor: Rac
Datum:17.10.22 11:28
Antwort auf:Re:Von wievielen Arbeitsstunden reden wir überhaupt? -nt von Wurzelgnom

Ich wollte eigentlich nichts mehr dazu schreiben, wegen der teilweise derben Ignoranz hier, aber scheiß der Hund drauf. Wenigstens eine Sache will ich ein bisschen richtig stellen.

>soweit ich weiß wird entweder über Takes, ganze Folgen/Filme oder Staffeln abgerechnet.
>Einen Film zu synchronisieren dauert keinen Monat und bei einem Spiel wie Bayonetta erst recht nicht.
>


Du kannst eine Synchronisation von Filmen/Serien nicht mit den Sprachaufnahmen und/oder Lokalisation eines Videospiels vergleichen.

Es gibt auch - gerade heute - Filme und Serien, bei denen es mehrere Schnittfassungen gibt und die Schauspieler/Sprecher dann wieder ins Studio kommen müssen, aber bei Spielen ist das viel extremer. Da kommt man auch nach Monaten wieder ins Studio für neue Lines.

Daneben wird völlig anders abgerechnet. Bei Serien/Filmen gibt es Grund/Kommgage und dann Kohle pro Take. Bei Spielen wird meist ein Stundensatz bezahlt.

Achtung: So läuft das bei uns. Wie es in den USA, Japan oder England aussieht, weiß ich nicht genau. Außerdem muss man auch sicher unterscheiden zwischen Lokalisation (japanisches Spiel wird für den englischsprachigen Raum bearbeitet) und der originalen Sprachausgabe für ein Spiel. Wie es bei Bayonetta ist, weiß ich nicht. Zwar gibt es seit Teil 2 eine japanische Sprachausgabe, aber O-Ton bei Teil 1 war englisch. Hellena Taylor ist also die "Ur-Bayonetta". Eventuell wird wirklich parallel aufgenommen.

Wie viel Tage man jetzt braucht, um Bayonetta in Teil 3 einzusprechen, kann keiner von uns sagen. Es heißt ja, dass es mehrere Versionen von ihr vorkommen. Das wird sicher nicht wenig sein.
Ich kann mich an eine Mini-Doku zu Dragonball Z Budokai 3 erinnern, in der man das englische Skript sah. Das war dicker, fetter Ordner, der voll mit Seiten war. Und ja, DBZ3 ist ein dummes Fightinggame.

Bayonetta 3 ist jetzt kein vollvertontes RPG, aber es wird dennoch viel Arbeit sein. Zudem sprichst du nicht einen Satz und dann ist gut und es geht zum nächsten.  Auch ein Vollprofi wird mal hängen. Da sitzt ja nicht umsonst ein Regisseuf hinten und gibt dir Anweisungen.

Und manch einer wird auch sagen "Ja pff, da muss sie ja nur wein wenig labern." Ihr glaubt gar nicht, wie viel Energie da drin steckt. Kaum eine Session - egal ob echte Synchronisation, Hörspiel, Hörbuch oder eben Aufnahmen für ein Videospiel - geht acht Stunden.

Und sicher ist das jammern auf hohem Niveau. Von mir aus sollen Pfleger, Krankenschwestern etc. alles Geld der Welt bekommen. Die haben Millionen eher verdient als Schauspieler. Aber dennoch sollte man als dieser gerecht bezahlt werden.

Lange Rede, kurzer Sinn. Wir wissen nicht wie viel Arbeit die Rolle Bayonetta in Bayonetta 3 macht. Wenig wird es aber nicht sein. Hellena Taylor hat sie bisher in zwei Hauptspielen, in zwei Gastauftritten (Anarchy Reigns und Smash Bros.) und im Animefilm gesprochen. Desweiterin ist sie die Ur-Stimme und nach wie vor die Stimme für das internationale Publikum. Es steht ihr durchaus zu, dieses Mal mehr zu verlangen als vorher.
Und ganz davon abgesehen. Von wegen 4000€ ist viel Geld. Ja, es KANN viel Geld sein. Je nachdem wie viel Arbeit drin steckt (siehe oben). Was bleibt von den 4000€ übrig, als Freiberufler? Nachdem du alle Versicherungen und Steuern geblecht hast? Also wenn ich mal 4000€ im Monat mache (was nicht regelmäßig so ist), denke ich mir jedenfalls "Cool, kann ich endlich das Auto für'n TÜV fertig machen.". Ein Urlaub ist da aber nicht drin. ;)

Das war viel zu viel Text. So viel wollte ich gar nicht schreiben. Aber vielleicht hat der eine oder andere einen besseren Eindruck bekommen, wieso 4000€ ein Witz sind für den Job. Oder bessere gesagt, ein Witz sein können. Denn wir haben nur Aussagen, keine harte Fakten.

PS. Ich diskutiere hier nicht. Antwortet gern ruhig. Aber erwartet keine ausuferndes Gespräch. Dafür ist mir meine Zeit zu schade (sagte er nach so einem Post). Ich muss nämlich gerade 4000€ mit Synchron verdienen, damit mich einige Leute im Internet verbal anspucken können.


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