Thema:
Echt bedrückend, aber teils langatmig (S01+02, Spoiler) flat
Autor: HomiSite
Datum:13.03.20 18:29
Antwort auf:The Handmaid's Tale (Serie) von moishe maseltov

Die Grundprämisse ist wirklich hart und wird strikt durchexerziert. Können sich Frauen/Mütter die Sendung eigentlich anschauen? Da werden ja zig schlimme Sachen getriggert, was es der Serie - negativ ausgedrückt - natürlich auch einfach macht, einen emotionalen Effekt zu erzielen. THE HANDMAID'S TALE wird aber fast nie voyeuristisch/exploitativ, obschon Minderjährigen- und Hochschwangerensex in Staffel 2 grenzwertig waren.

Ich hatte etwas Probleme, in die Serie reinzufinden, denn zum einen war das Setting nach Folge 1 schon weitgehend klar ("und was wollen die nun noch erzählen?"), zum anderen braucht es einiges an Suspension of Disbelief, um so eine Gesellschafts- und Staatssordnung irgendwo zwischen DDR, Iran und Drittem Reich zu akzeptieren, besonders weil das aus einem Umsturz in unserer heutigen Zeit entstanden sein soll.

Auch wenn es in den USA christliche Hardliner (inkl. Amische) und Straight-Male-Supremacists gibt, ist solch eine weitgehende Entrechtung der Frauen konstruiert. Besonders, weil Eva Herman, äh, Serena Waterford als kluge Businessfrau da fleißig dran mitwirkte. Wobei ja schon rauskam, dass es mit der Religiosität der Männer nicht weit her ist und die ganzen Zeremonien weniger der Bibel entstammen.

Vom Verlauf der Handlung ist THE HANDMAID'S TALE dann oft konservativ (höhö) bis absehbar und außerdem ist eigentlich jede Folge 10 Minuten zu lang. Da hätte man so manche Szenen kürzen können, besonders viele der in meinen Augen meist überflüssigen Rückblenden (und Szenen mit ewig langen "heimlichen" Blicken).

Und in Staffel 2 wird dann auch viel hin- und hergesprungen, was etwas willkürlich wirkt, aber auch neue Perspektiven ermöglicht. Wie jemand hier schrieb, bleibt die Lebensrealität der Machthaber jenseits der Waterfords weiterhin noch zu unklar. Und das Verhältnis zwischen June und den Waterfords wechselt mir in S02 dann doch zu viel.

Das klingt bisher alles ziemlich negativ, warum habe ich die ersten beiden Staffel also schnell durchgezogen (die dritte gibt's leider noch nicht auf Amazon Prime)? Weil das Setting und die Figuren eine Sogwirkung erzeugen. Elisabeth Moss hat den abschätzigen Blick als auch den entsetzten sehr gut drauf, Joseph Fiennes ist wirklich ein Schmierlappen und Yvonne Strahovski ist heiß, äh, gut im "3/4 halbwegs erträglich, 1/4 eiskalte Bitch"-Modus (wo fiel sie denn mal negativ auf, Derrick?).

Im Verlauf der zweiten Staffel habe ich auch bemerkt, wie ich die unmögliche Situation in Gilead fast schon als "normal" oder erträglich empfand, wenn Tante Lydia mal etwas freundlicher ist etc. So wird man wohl auch gebrochen ...

Also: Die Lobpreisungen für THE HANDMAID'S TALE als Gesamtwerk kann ich nicht ganz unterschreiben, eine eindrückliche Serie ist's aber auf jeden Fall. Bin gespannt, was in S03 passieren wird (das S02-Finale fand ich aber nicht übermäßig geglückt).


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