Antwort auf den Beitrag "Re:SpyParty - Das beste Spiel, das keiner spielt!" posten:
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>[h:Mir bleiben noch 60 Sekunden. 60 Sekunden für eine Mission. 60 Sekunden, in denen jede Handlung meiner Spionin die falsche, jede Bewegung im Fadenkreuz des Scharfschützen die eine zu viel sein kann. Aber welche Handlung ist die falsche, welche Bewegung die eine zu viel? > >Meistens ist es die Ungewissheit, die dich umbringt. > >Dabei ist es nicht ungewöhnlich, eine Partie in SpyParty mit einem gewissen Optismus zu beginnen: Den Botschafter locker im Vorbeigehen verwanzt, der Mikrofilm unauffällig im Bücherregal ausgetauscht - bleiben drei Minuten für zwei Missionen. Was soll da noch schiefgehen? > >Wie sich zu oft herausstellt: Eine verdammte Menge. Der Doppelagent macht sich aus dem Staub, bevor ich ihn in einem günstigen Augenblick kontaktieren kann. Die Bar ist zu dünn besucht, um die Gästeliste des Kellners mitgehen zu lassen. Und der Botschafter will auf Teufel komm raus nichts mehr anfassen - keine Chance, an seine Fingerabdrücke zu kommen. > >50 Sekunden. > >Das Schlimmste aber ist nicht die Selbstüberschätzung. Das Schlimmste ist, seinen Gegner nicht einschätzen zu können. Was weiß der Scharfschütze? Hat er gesehen, dass ich zu nah am Botschafter vorbeigelaufen bin? Hat er mich markiert, als ich mir die Statuen angeschaut habe? Habe ich mich zu oft bewegt? Habe ich mich zu selten bewegt? > >Sein Laser bewegt sich in meine Richtung. Beobachtet er mich? Bereitet er sich auf den Schuss vor? Oder bilde ich mir nur ein, dass er mich längst im Auge hat? Neige ich dazu, meine eigene Auffälligkeit zu über- oder die Beobachtungsgabe des Scharfschützen zu unterschätzen? Paranoia, noch so ein ungeliebter Gast. > >40 Sekunden. > >Die Statuen glitzern mich verlockend an. Eine Statue auszutauschen, ist eine der auffälligsten Missionen, die man nur wagen kann, aber wenn ich den richtigen Moment abpasse, dem Scharfschützen die Sicht von den anderen Partybesuchern versperrt ist, er sich die Reihenfolge der Statuen nicht eingeprägt hat... > >Auf der anderen Seite: Wäre ich der Scharfschütze, wäre mir jeder verdächtig, der in den letzten Sekunden einer Partie hektisch vor den Statuen rumhampelt. Greifbare Verzweiflung. > >30 Sekunden. > >Ich könnte bluffen. Die Zeit verstreichen lassen und darauf hoffen, dass nicht meine, sondern die Panik des Scharfschützen obsiegt, er einen Schuss ins Blaue abfeuert - und seine Wahl nicht auf mich fällt. Vielleicht mit einer Finte... > >„Banana Bread“, schallt es aus den Lautsprechern. Das Codewort, um den Doppelagenten zu kontaktieren. Der befindet sich zwar nicht in meiner Nähe, aber es gibt dem Scharfschützen die Gelegenheit, alle Besucher auszuschließen, die sich zu diesem Zeitpunkt in keinem Gespräch befinden - und mir die Hoffnung, dass er damit eine Weile beschäftigt sein wird. > >20 Sekunden. > >Ich sehe, wie der Laser des Scharfschützen von Gast zu Gast schnellt. Eile zu den Statuen. Vielleicht habe ich ihn damit lange genug abgelenkt, um den Austausch vornehmen zu können. > >10 Sekunden. > >Ich strecke die Arme aus... greife nach der Statue... fünf... und dann der Schuss, die Schreie. > >„Danke für BB“, schreibt mein Gegenspieler, „hätte fast den Offizier erschossen.“ > >Meistens ist es die Ungewissheit, die dich umbringt.] > >[img:https://abload.de/img/01qysde.jpg] > >SpyParty ist ein Spiel von Chris Hecker (Spore), seit Ewigkeiten in Arbeit. Eines der ersten Indie Games, dessen Entwicklung ich doch recht aktiv verfolgt habe, und ich hätte schwören können, er hätte circa 2005 damit begonnen, tatsächlich war es aber wohl 2009 oder so. > >Seit ein paar Monaten ist es jetzt jedenfalls auf Steam „raus“, im Early Access, und mir fällt außer Rocket League und Q3A/UT/CS kein Multiplayer-Spiel ein, das mich - ever, ever - so fasziniert hat. > >Wie oben angedeutet, isses ausschließlich für zwei Spieler; einer steuert den Spion, einer den Scharfschützen. Der Spion ist einer von 10 bis 20 Partygästen und muss auf dieser Party in üblicherweise knapp vier Minuten drei bis fünf verschiedene Aufgaben erfüllen, ohne dabei entdeckt zu werden: Eine Wanze anbringen, eine Gästeliste klauen, einen Doppelagenten kontaktieren und so weiter. Schafft er das in der Zeit oder erschießt der Scharfschütze einen Unschuldigen, hat er gewonnen. > >Der Witz an der Sache ist, dass die anderen Partygäste von der AI gesteuert werden, man seine Aufgaben also nicht nur unauffällig absolvieren, sondern auch die Verhaltensmuster der NPCs beobachten und ein Stück weit nachahmen muss. „Reverse Turing Test“ fällt als Begriff in dem Zusammenhang häufig und das trifft es erstaunlich gut, ohne dass man sich aber unnatürlich verhalten müsste, um nicht aufzufallen. > >[img:https://abload.de/img/02wbskr.jpg] > >In fast jeder Partie lernt man etwas dazu. Zu Beginn achtet man als Scharfschütze in erster Linie auf die „hard tells“, wie es in der Sprache des Spiels heißt, also eindeutige Anzeichen dafür, dass ein Spieler der Spion ist: Das Austauschen einer Statue zum Beispiel oder das Abspielen der Wanzen-Animation, wenn man neben dem Botschafter steht / geht. > >Als Spion begreift man aber recht schnell, solche Aktionen nur in einem wirklich unbeobachteten Moment (oder eben im Notfall) zu starten und so geht es mit der Zeit für den Scharfschützen vor allem darum, die Situation anhand von „soft tells“ zu lesen: Wer geht zu nah am Botschafter vorbei? Wer guckt sich zu lange die Statuen an? Wer steht zu oft neben dem gleichen Gast? > >Vier Minuten pro Partie klingt nicht lang - und als Spion fühlt es sich oft viel zu kurz an -, aber für den Scharfschützen können vier Minuten eine Ewigkeit sein, weil auch hier die Ungewissheit reinspielt: Welche Missionen könnte der Spion schon erfüllt haben? Steht er unmittelbar davor, sein Ziel zu erreichen? Warum ist die verdammte Gästeliste plötzlich weg und, arrrrrrgh, wer war gerade nochmal an der Bar?! > >[img:https://abload.de/img/0382ssb.jpg] > >Als Scharfschütze kann man Verdächtige markieren („highlighten“ und „lowlighten“), um sich so besser auf seine Hauptverdächtigen zu konzentrieren. Der Spion hat auf der anderen Seite aber auch noch ein paar zusätzliche Tricks in petto - das Klauen der Gästeliste kann man zum Beispiel deligieren und andere Aktionen mit guten Reaktionen und ein bisschen Glück verschleiern. Die schönsten Momente sind es dann häufig auch, wenn es einem gelingt, einen NPC als Spion zu framen. > >Klingt hoffentlich nicht zu kompliziert, man findet sich sehr schnell rein; nach einer Stunde sind alle Grundlagen verstanden. Voraussetzung dafür ist derzeit leider ein etwa gleichwertiger Mitspieler, denn die (ohnehin arg altmodische) Lobby des Spiels ist meistens fast leer - und trifft man doch mal jemanden, spielt derjenige im Zweifel schon seit fünf Jahren die Beta und knallt einen nach ein paar Sekunden ab. > >Wenn aber jemand Bock auf das großartige Konzept hat, ist das Spiel seine 23 Euro für mich ohne jede Frage wert. Die wenigen negativen Steam-Reviews sind dann derzeit auch überwiegend von Spacken, die sich über den „hohen Preis“ und „mangelnden Content“ beklagen, aber keine neunzig Minuten auf dem Tacho haben. Meh. Kaufen, kaufen, kaufen! > >[https://store.steampowered.com/app/329070/SpyParty/]
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