Thema:
Re:Horizon - Zero Dawn flat
Autor: token
Datum:27.04.17 08:48
Antwort auf:Re:Horizon - Zero Dawn von Deadly Engineer

>Alles was Du beschreibst ist für mich Gameplay, Rätsel: Das Dornengestrüpp das ich vielleicht überwinden muss, das Labyrinth etc. Und nichts, wirklich gar nichts davon ist organisch in diese Welt eingebunden. Es ist da weil es als Spielelement wichtig ist, nicht weil es sich aus der Gestaltung der Welt ergibt. Bestes Beispiel wieder die Labyrinthe, die sind komplett künstlich da hingeplatzt. Ein FFXV hat auch Labyrinthe, da sind sie aber z.B. als Abwasserkanäle designt durch die man den Weg finden muss. Man kann jetzt darüber streiten ob diese Abwässerkanäle in der realen Welt so unübersichtlich wären, aber sie wirken wenigstens nicht auf den ersten Blick wie komplette Fremdkörper.
>

Das ist richtig. Auch die ganzen Schreine sind trotz der dahinterstehenden Erklärung total künstliche Elemente. Und im Schrein selbst wird es dann gar regelrecht abstrakt, da diese ja auch gezielt mit in der Oberwelt vorhandenen Mechaniken brechen. Sowas läuft allerdings außerhalb meines Wahrnehmungsraums. Ich empfinde es normal wenn gewisse Spielbestandteile Brüche erzeugen, sofern diese Brüche irgendwo für den Gamingfokus relevant sind.
Ein weiteres Beispiel für so einen Bruch, den Horizon so nicht hat, das pflücken und sammeln. In Zelda drücke ich bei einer Blume im vorbeirennen die Taste, es macht einfach tüdeldü und die Blume ist im Sack. Aloy hingegen unterbricht ihren Lauf und geht artig in die Hocke. Horizon hat da eine höhere Konsistenz zum Realismus des Geschehens. Nur, die will ich da gar nicht haben. Ich will die fucking Blume haben und fertig, ich will Aloy nicht drölfhundert mal in die Hocke gehen sehen wenn ich da nur on the fly Aktionen ausführe die in der Aktionsbetrachtung keinen Mehrwert haben, dafür aber ständig meinen Spielfluss den ich habe wenn ich renne interrupten.
Ich habe gerne einen möglichst hohen Grad an Immersion, aber nicht um jeden Preis. Diese Immersion ist für mich insofern nicht das höchste Gut. Natürlich ist der Schrein im Gestrüpp eine konstruierte Situation. Ein offensichtliches Environment-Rätsel. Aber es gibt mir einen Spielanreiz bei dem die Umwelt Spielelement ist.

Solche Brüche hat im Endeffekt auch Horizon, nur sind die dort häufig anders gelagert. Eine Werkstatt die in der Pampa steht, einfach hingeklatscht ohne nix drumherum. Man könnte fragen wie die überhaupt dorthin gekommen ist. Zwei Meter hohe Felsabschnitte mit klaren griffigen Strukturen die zum unüberwindbaren Hindernis werden. Es ist normal wenn Spiele solche Brüche haben, kein Spiel kommt ohne solche Brüche aus. Die Frage ist, will ich mich bspw. in einem Lootgame darüber ärgern dass mein Char bspw. Equipment mit einem Gewicht von 1,3 Tonnen und einem Volumen mit dem man eine Turnhalle füllen könnte mit sich herumschleppt?
Nein, denn das ist für ein Lootgame notwendig. Wenn ich das realistisch halte sabotiere ich das Spielprinzip und dessen Anreize. Wenn die Designer jedoch diesen Bruch erkennen und ihn tatsächlich lösen in dem sie ihn in ihrer Spielweltlogik erklären, bspw. einen verzauberten Beutel, dann mag ich das und finde das gut.
Ich drehe aber auch keinen Strick draus, wenn Elemente die Spielanreize bieten dann für sich doch eher gamey designt sind, wenn der Spielanreiz zündet.  

Und mir ist es unendlich wichtiger dass Zelda zugepackt ist mit Environment-Rätseln, die dann teils arg konstruiert sind (aber auch nicht durchgehend, Ruinen oder manch versteckter Schrein fügen sich schon harmonisch in die Umwelt), als dass ein Spiel in seiner Umwelt relativ wenig Brüche erzeugt, aber die Umwelt nur zur Kulisse degradiert und aus dieser heraus keine Spielanreize setzt.
Am Ende des Tages spiele ich Spiele weil ich zocken möchte.

>Und für mich ist die Welt und das Weltdesign einfach das wo ich durchlaufe, was ich mir anschaue. Ein Walking Simulator wie Everybodys gone to the Rapture hat auch ein tolles Weltdesign. Und da möchte ich eine Welt die mich anspricht wenn ich das Spiel theoretisch nur wie einen Walking Simulator spiele: Schöne glaubhafte! Örtlichkeiten bei denen auch nur das Anschauen und durchwandern Spaß macht, das ist für mich World Design. Und das hat ein Horizon und ein Ghost Recon an jeder Ecke, genauso wie im kleineren Maßstab ein EgttR und ein Dear Esther. Zelda hat das nur an ganz ganz wenigen Stellen, richtig positiv fand ich nur das Dorf der Orni, das war wirklich wunderschön designed und auch organisch in die Welt eingebunden. Der große Rest ist oft weite Leere die mit aufgesetzten spielerischen Elementen gefüllt wurden.
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Ja, aber das macht schon klar dass du unter world design was anderes verstehst als ich. Wenn man nach deinem Verständnis geht, wäre aber Guerrilla als Aushängeschild für world design dennoch der falsche Ansprechpartner. Da wären dann auch wieder eher Rockstar oder CDPR gefragt, deren Welten deutlich schlüssiger aufgebaut sind, die da ein echt hohes Augenmerk auf diese Schlüssigkeit haben.
Ich will aber nicht in erster Linie diese Schlüssigkeit haben, nachdem Zelda nun gezeigt hat dass man diese Umwelt auch zum integralen Spielelement machen kann, statt es einfach nur als die Spielumgebung zu erachten, und was das in meinem Kopf für einen Effekt hat, nämlich dass ich diese Umwelt, obwohl die Designmittel die das erreichen sehr gamey sind dennoch als authentischer und dichter begreife als die Umgebungen die nüchtern betrachtet authentischer sind, quasi vermeintliche Immersionsbrecher eher immersionsfördernd sind, dann ist das nun mal mein Eindruck. Und den hab ich nicht exklusiv, ich sehe hier auch andere Stimmen die genau das bei Zelda hervorheben, und die genau dieses Versäumnis Horizon ankreiden und in gleichem Maße ermüden wenn es dann darum geht Horizons Welt bis in die letzten Winkel auszukosten.

Und mal davon ab, im reinen Landschaftsdesign, mal diese künstlichen Spielelemente substrahiert die dir aufstoßen, egal ob Schreine oder Dörfer oder Camps order Labyrinthe, das reine Landschaftsdesign von Zelda sollte denke ich auch deinen Kriterien übererfüllen. Sofern du diesem nicht dessen Comiclook zum Vorwurf machen möchtest.

>Und das ist imho auch das große Problem bei vielen Nintendospielen: Sie schaffen es nicht Gameplay so ins Design zu integrieren dass es glaubhaft wirkt. Da ist ein BotW genauso rückständig wie das allererste Zelda, damals hat das natürlich nicht gestört weil ein Spiel ohnehin sehr abstrahiert war, aber je aufwändiger gestaltet Spiele werden desto mehr fällt dieser Bruch einfach auf.

Mit dieser Argumentation könntest du auch Metroid Prime auf's Korn nehmen.
Es ist in der Tat richtig dass Nintendos Spiele ein wirklich extrem spielfokussiertes Design haben, bei dem sie ob dieser Ausrichtung recht krasse Brüche erzeugen und teils sehr stark konstruiieren oder andere Dinge extrem stark simplifizieren. Nur sehe ich das nicht zwingend als Schwäche. Für mich ist Nintendo eher ein Laden der ob dieses Grundansatzes gameplay first eher immer wieder regulierend der Industrie in Erinnerung ruft worum es in Spielen eigentlich geht. Deswegen war auch Mario Galaxy seinerzeit so ein Augenöffner, und mit BotW haben sie meines Erachtens wieder ein sehr großes Ausrufezeichen gesetzt das wiederum einige Dinge die ich als Fehlentwicklungen erachte transparent macht.
Ich hab hier schon mehrfach argumentiert dass Nintendo meines Erachtens wirklich die wichtigste Company für das Medium Videospiel darstellt, und genau dieser Aspekt stellt eine tragende Säule für diese Ansicht dar. Es ist nicht ausschließlich so dass es ein Nintendospiel ist das das Zockerkind in mir wachgeküsst, das in mir kindliche Freude oder kindliche Faszination heben kann, Nintendo hat da kein Monopol drauf und viele tolle Entwicklungen im Medium laufen auch komplett außerhalb ihrer Gestaltungsräume, aber sehr häufig ist es dann halt doch so dass da wo ich wieder zum Zwölfjährigen werde das Nintendologo prangt.
Deswegen liebe ich den Laden so.
Und deswegen schafft er es auch je nachdem was er gerade macht auch unbändigen Hass in mir zu triggern ;)
90 Minuten Hardcore, echte Gefühle.


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